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ebenso auch die gegossene Hohlkehle des Fußes, die abwechselnd mit Cherubimköpfchen und Löwenmasken ausgestattet ist. Wenn an der Agraffe unter dem Brustgürtel die Lilienendigung fehlt, so will das nichts besagen, es ist auch möglich, daß die Agraffe angesetzt ist. Ein Unterschied besteht nur da, wo eigene Handarbeit zur Verzierung hinzukam, so an dem Zapfen, in den die abnehmbare Brust einpaßt. Dieser ist graviert, die Ätzung bei Abraham schließt sich einigermaßen dem Rahmenwerk bei Wenzel an, mehr abweichend ist deren Ausfüllung mit Arabesken, die dort fehlen. Bei der Dresdner Figur fehlt heute der Belag des runden Bodens mit Erzstufen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß die Figur in Dresden Ärmel mit zwei Puffen hat, jene aber solche mit nur einer. Auch ist die Borte am Halssaum und den Ärmeln, ebenso der Gürtel nicht mit Knöpfen und Steinen besetzt. Die in London erkennbaren Ansätze von Blättchen an den Korallen sind hier auch an einem der Äste vorhanden. Es bleibt also der Schluß, daß die Marke von Abraham Jamnitzer an der Dresdner Daphne, die zu den schönsten Gestalten der deutschen Renaissance gehört, nichts für dessen Urheberschaft beweist, sondern daß der ältere Wenzel genau die gleichen, wohl auch die früheren Anrechte auf die Figur besitzt. Es ist ja wahrscheinlich, daß Wenzel der Hersteller des Modells gewesen ist, doch eine Sicherheit darüber besteht nicht. Es könnte ja auch Abraham als Geselle in der Werkstatt des Vaters die Figur hergestellt und später als selbständiger Meister sie wiederholt haben.

In Lady Rothschilds Besitz in London befindet sich die Statuette eines Arbeitsmannes, die gleichfalls mit Wenzels Signatur versehen ist. Doch ist diese Figur aus dem Volksleben den Statuetten Labenwolfs im Motiv so nahe verwandt, daß sie doch eigentlich auch die Urheberschaft Wenzels für die Daphne in Zweifel ziehen läßt.

Man könnte die in Silber getriebene Figur eines Aktaeon auf derselben Tafel 34 als Gegenstück zu jener Daphne entstanden halten, da er gleichfalls die Verwandlungsszene einer mythologischen Gestalt und auch in etwa gleicher Größe uns vor Augen führt, wenn nicht, abgesehen von dem anderen Sockel, die Nürnberger Meistermarke uns sagte, daß der erst nach Abraham Jamnitzers Tod 1606 Meister gewordene Jeremias Ritter sein Verfertiger gewesen ist. Das Hirschgeweih bildet hier eine wesentlich kleinere Korallenzinke. Es mag schwierig gewesen sein, der antiken Jägergestalt mit ihrem Hirschkopf einen besonderen Ausdruck zu verleihen, die beiden Jagdhunde,