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sowie der Silberschatz der Stadt Lüneburg im Schloßmuseum zu Berlin. Von den Fürsten der Länder im Innern Deutschlands waren die Wettiner des Kurfürstentums Sachsen die reichsten, nicht nur vermöge des Erzgebirgischen Silberbergbaues, sondern auch infolge seiner Industrie und des in den Leipziger Messen gipfelnden Handels. Daneben konnten nur die Wittelsbacher in München, die Habsburger in Wien und in Prag einen ähnlichen Luxus entfalten. Doch bleiben in dem Willen und oft auch in den Mitteln, ihnen nachzueifern, die anderen weltlichen Fürsten Deutschlands, die großen Städte und die Kirchen hinter jenen kaum zurück. So sind die Jahrzehnte vor dem Dreißigjährigen Krieg durch eine Blüte der Kleinkünste aller Art ausgezeichnet, die erst im 18. Jahrhundert wieder erreicht wurde, ohne aber an Umfang ihr wieder gleichkommen zu können.

Dieses hochgesteigerte Bedürfnis, alle Werke des täglichen Bedarfs durch künstlerische Ausstattung zu veredeln, sehen wir beispielsweise sich geltend machen an dem in keinem Haushalt fehlenden Zinngerät aller Art, das durch künstlerische Veredelung hinter Werken aus Gold und Silber nicht zurückstand. Wir konnten auch an den Standuhren das gleiche Streben und den gleichen Erfolg beobachten. Das gleiche sehen wir auch an den Halsuhren. Wenn man sich hier für den täglichen Gebrauch auch mit einem Gehäus aus vergoldetem Messing zufrieden gab, so verzichtete man keineswegs auf dessen künstlerische Ausstattung, nicht allein deshalb weil die Halsuhr doch offen getragen wurde, sondern aus angeborenem Sinn für Verzierung. So sind an den beiden größeren Halsuhren mit Gehäusen aus vergoldetem Messing im Grünen Gewölbe, die sich der Eiform nähern, auf Tafel 28 nicht bloß diese Gehäuse an dem Rahmen des Bergkristalldeckels mit ausgesägten Ornamenten auf das sorgfältigste ausgestattet, und das Zifferblatt hat gravierte und emaillierte Verzierung, auch die hintere Werkseite hat aufgelegten reichen Schmuck. Als Hersteller dieser beiden Uhren nennt sich inschriftlich Johann Poestdorffer, das eine Mal mit seinem Wohnort in Prag, das andere Mal in Dresden. Er wird noch 1627 als Kammeruhrmacher in Prag genannt, ist also um diese Zeit nach Dresden übersiedelt. Die kleinere ovale Halsuhr auf derselben Tafel in gleichfalls achteckigem Gehäus in silbervergoldeter Arbeit steht diesen beiden Stücken nahe, an ihr ist neben dem kleineren Format der reiche Klobenschmuck der hinteren Werkseite bemerkenswert. Ihr Meister hat sich nicht genannt, kann aber recht wohl mit dem Verfertiger der beiden größeren Halsuhren der gleiche sein.