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Tischuhr, diese hat über der oberen Platte die Uhrglocke und darüber das Nest eines Pelikans, rund um die Glocke sind die Ziffern der Stunden eingraviert. Die Uhr ist noch mit einem Automatenwerk verbunden, indem der Pelikan Kopf und Flügel zu bewegen hat. Der Urheber dieses Werkes, Tobias Reichel von Dresden (?) mag es um 1610 hergestellt haben. Hainhofer beschreibt das Werk 1629 bei seinem Besuch der Dresdner Kunstkammer (ed. Doering, S. 168). Abbildung in Band III (Inv. IV, 96). Daß er als Feinmechaniker eine besondere Fertigkeit erlangt hat, das wird bezeugt durch eine kleine Spinne mit innerem Gehwerk und beweglichen stählernen Beinen (Inv. VI, 7qq), die 1604 zur Kunstkammer gekommen ist.

Als allerkostbarstes Werk dieser Bestrebung und Anforderung steht obenan ein Werk der höchst entwickelten Kunst des Juweliers und Emailleurs, dem das gediegenste Gold gerade gut genug galt, um seine Kunst daran entfalten zu können. Auf goldenem, mit Email und Juwelen geschmückten Sockel sitzt in einer Kugel aus Bergkristall Orpheus, umgeben von den ihm lauschenden Tieren, eine zweite kleinere Kugel darüber enthält das Uhrwerk und der als Krönung darauf stehende Saturn zeigt mit seiner Lanze den Ablauf der Stunden an. Hier ist also die Uhr, die schon von einem in der Herstellung von Taschenuhren geübten Meister kleinster Mechanismen gearbeitet wurde, nur das Begleitwerk eines Juwels der Goldschmiedekunst. Das Werk wird erst im Zusammenhang mit gleichartigen Arbeiten der letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts im nächsten Band gewürdigt werden (Inv. VI, 19).

Ehe wir uns diesen tragbaren Uhren der Feinmechanik zuwenden, sind noch einige größere Tischuhren zu betrachten, in der erwähnten Kastenform mit obenauf wagrecht liegenden Zifferblättern. An diesen kann zugleich erkannt werden, daß seit der Mitte des 16. Jahrhunderts der Uhrmacher sich mit dem Silber- und dem Goldschmied vereinigte, um mit immer kostbarerem Material und steigendem Aufwand aller Kunstfertigkeiten sein Erzeugnis, das in seiner zur höchsten Präzision geschulten Handarbeit schon als ein Wunderwerk der Technik und Wissenschaft angestaunt werden sollte, auch mit allen Mitteln künstlerischer Erfindung und Bearbeitung in jeder Hinsicht vollkommen erscheinen zu lassen und damit dem bei schnell wachsendem Wohlstand in Deutschland steigenden Luxusbedürfnis entgegenzukommen.

Die größeren in silbernen Gehäusen in Kastenform befindlichen Tischuhren des Grünen Gewölbes sind erst im 17. Jahrhundert entstanden. Die