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Tirol auf Schloß Ambras, ihrem Onkel, ein ganz der Dresdner Krippenkapelle im Aufbau ähnliches Musikautomatenwerk mit beweglichen zehn Trompetern und einem Pauker, das offenbar von unserem Meister Schlottheim hergestellt ist, ebenso wie der gleichfalls von jenen dorthin geschenkte sechsgeschossige Glockenturm mit komischen Figuren. Beide Werke noch im Wiener kunsthistorischen Museum vorhanden. (Figur 33 und 34 bei J. v. Schlosser, Die Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance, Leipzig 1908.)

In Dresden befindet sich aber noch das Hauptwerk dieses Meisters im Grünen Gewölbe, ein Denkmal der Freundschaft des jungen sächsischen Kurfürsten Christian II. mit Kaiser Rudolf II., die silbervergoldete 1,12 m hohe Turmuhr von 1602 mit Musikwerk und Automatenfiguren auf Tafel 22, die ebenso wie die bronzene Uhrvase als Krönung der Spitze mit dem Doppeladler verziert ist. Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß sein Verfertiger das monumentale Werk ursprünglich für Kaiser Rudolf II. bestimmt hatte, und daß, als 1602 Christian II. es von jenem erwarb, die kleinen Reliefbildnisse und das sächsische Wappen am Sockel unter dem Zifferblatt erst nachträglich hinzugefügt wurden. Jedenfalls konnte bei seinem hohen Preis von 2400 fl. nur ein fürstlicher Käufer in Frage kommen. Eine Besonderheit der Uhr zieht noch heute stets, wenn sie in Gang gesetzt wird, die Besucher an. Sie hat Kugellauf, um das Werk in Gang zu halten. Die Spitze des Turmes ist ganz wie dort mit einer in Spirale emporgeführten Arkadengalerie als Turm zu Babel gebildet. Ebenso hat der achteckige Turmbau in den beiden oberen Geschossen eine in der Spirale bis auf den Altan über dem untersten Geschoß herabgewundenen Laufgang für die von dem Altan über dem dritten Geschoß herabrollende Bergkristallkugel, die unten in das Innere des Turmes einmündet, um dort durch ein Hebelwerk wieder in die Höhe geschnellt zu werden, also eine Abwandlung der bisherigen Spindelhemmung; für diese neue Hemmungsart hatte ein Uhrmacher Marggraff von Kaiser Rudolf II. ein Privileg erhalten. Man kann an der Komposition des ganzen Aufbaues ja aussetzen, daß dieser Kugellaufgang die Reliefbüsten der römischen Kaiser, die jede der Achteckseiten der beiden oberen Geschosse paarweise in je drei Reihen übereinander bedecken, in störender Weise überschneidet, abgesehen hiervon aber ist der Aufbau des Turmes und seine Ausstattung in guten Verhältnissen durchgeführt. Auch ist die Vereinigung von Uhrwerk mit Kalender (auf dem Boden des unteren Altans), Automatenwerk und Musikwerk so glücklich gelungen, daß keines das andere