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Zifferblatt der linken Seite ist sichtlich ein Astrolabium mit der planisphärischen Darstellung des Umlaufs des Fixsternhimmels. Während die Gesamtform mit dem bewegten Sockel, den Kandelabersäulen der Ecken und der in geschweifter Haube spitz auslaufenden Bedachung einen gut entwickelten Sinn für den Wohllaut harmonischer Gestaltung erkennen läßt, zeigen Einzelheiten wie die Kapitelle, die maureskenartig geätzten Flächen, die mit Tierformen vermischten Pflanzenranken des Daches einen weniger geläuterten Formensinn. Ob sich dieser in Augsburg zu reineren Gebilden entfaltet hätte, muß immerhin fraglich bleiben, wenn wir sehen wie ein anderer Meister desselben Faches, der in Augsburg seinen Wohnsitz hatte, wo sich ihm sicher bessere Gelegenheit bot, die besten Ornamentstiche der Zeit kennen zu lernen, durch krauses Ornament und dessen starke Überladung, seine Standuhren ähnlichen Typs nicht glücklicher zur Erscheinung zu bringen wußte. Es ist der Augsburger Meister Jeremias Metzger, von dem auf dergleichen Tafel seine Uhr des Grünen Gewölbes abgebildet ist. Das er der Meister unserer Uhr ist, ergibt ein Vergleich mit der von ihm hergestellten Uhr im Wiener Kunsthistorischen Museum, die 1564 datiert ist. Andere seiner Uhren des gleichen Typs, aber stets abgewandelter Verzierung befinden sich in Cassel und im South Kensington Museum zu London. Das Gehäuse dieser Uhren ist stets in Bronze gegossen und vergoldet. In der Gußtechnik und der Ausarbeitung der Formen offenbart der Meister eine bedeutende Geschicklichkeit. In der Überladung mit Ziermotiven ist der Ornamentstichmeister Mathias Zündt von 1551 vorbildlich gewesen. Offenbar kamen diese Meister mit ihrem horror vacui der Dekoration einem Zeitgeschmack in Deutschland entgegen, ebenso wie ja auch die Vereinigung aller Gebiete des Kalenderwesens, der Zeitmessung, der Stellung von Sonne, Mond und Sternen in einem einzigen Werk damals als Gipfel der Vollendung geschätzt wurde. Das vorn sichtbare große Zifferblatt enthält innerhalb des immerwährenden Kalenders mit den feststehenden katholischen Namenstagen die zweimal zwölf Stunden der großen Uhr, dann die durchlaufenden Stunden der welschen Uhr 1–24, ferner die eigenartige Darstellung der kleinen Nürnberger Uhr (verschiebbare Blechscheiben); das kleinste zentrale Zifferblatt ist die Weckerscheibe. Der Minutenzeiger dieses großen Zifferblattes ist vielleicht spätere Zutat. Das links neben dem großen Zifferblatt stehende weibliche Figürchen hatte einen Stab in der Hand, der auf den Kalendertag zeigte, der dadurch richtig eintraf, daß die Scheibe des immerwährenden Kalenders innerhalb