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ruhig radial angeordnet sind, sondern wie sich schlängelnde Fischlein alle von derselben von der Mitte nach außen getriebenen kreisenden Bewegung erfaßt scheinen. Das Motiv ist nicht neu, sondern kommt schon an anderen Stellen und als vorherrschende Bewegung an Messingschüsseln der Spätgotik vor. Es ist aber kaum anzunehmen, daß der Erfinder des Pokals bei einem früheren Werk hierzu eine Anleihe gemacht habe, vielmehr gehört das Motiv zu den latent vorhandenen Elementen jeder Ornamentation, das er hier für die spezielle ornamentale Funktion verwendet und verlebendigt hat. Es verdient bemerkt zu werden, daß dieser und der vorige Pokal nicht vergoldet ist, wohl auch ein Anzeichen einer neuen Zeitströmung. Auf einem Reifen des Deckels und des Sockels des Pokals stehen die Namen seiner Stifter, einer dieser Namen und die Jahreszahl 1661 steht auf der Fahne, die ein die Spitze bildender Türke hochhält. Der Türke ist vielleicht gewählt als Andeutung darauf, daß die Kürschner ihre Pelzwaren aus dem fernen Osten bezogen. Noch heute sieht man zur Zeit der Messe auf dem Brühl in Leipzig ähnliche echt orientalische Gestalten meist jüdischer Abstammung.

II. UHREN

Das Grüne Gewölbe besitzt eine ganze Reihe von Werken, in denen die Arbeit des Gold- und Silberschmieds, ja auch die des Drechslers und des Steinschneiders und -schleifers vereinigt ist mit der feinmechanischen Arbeit des Uhrmachers. Diese sind ebensoviel Zeugnisse dafür, daß den Instrumenten der Zeitmeßkunst größtes Interesse entgegengebracht wurde, nicht nur denen der Stunden des Tages, sondern auch der Tage, Wochen und Monate unseres in zwölf Monate geteilten Sonnenjahres nach dem von Julius Cäsar schon 46 v. Chr. eingeführten Julianischen Kalender, der in dem von Papst Gregor XIII. 1582 eingeführten sogenannten Gregorianischen Kalender vervollständigt wurde, sondern auch den damit verbundenen Vorstellungen der Bewegung der Himmelskörper im Weltraum und ihrer je nach der Jahreszeit am Himmel ihren Ort wechselnden Stellung oder Erscheinung, so der Mondphasen. Solche Standuhren zum Hausgebrauch, denen die Turmuhren vorangegangen waren, sind im 16. und in der Frühzeit des 17. Jahrhunderts mit ihren astronomischen und kalendarischen Schaltungen nach dem geozentrischen oder Ptolemäischen System eingerichtet; also nach jener antiken Vorstellung des Weltgebäudes, das noch die Erde als dessen Mittelpunkt, Sonne und Mond noch als Planeten