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Diese Doppelscheuern haben vermutlich dann den Dresdner Goldschmied Urban Schneeweiß, 1536–1600, veranlaßt, auf Bestellung zwei Paar annähernd gleich große Doppelscheuern als Trinkbecher für Einzelbenutzung herzustellen, dabei aber die Kelche birnenförmig zu gestalten, deren Einschnürung glatt zu lassen und die beiden Zonen nach seiner Art nur mit graviertem Rollwerk zu versehen. Das Verlangen nach farbigerem Schmuck hat daneben dazu geführt, daß der Kelch solcher Doppelscheuern aus Perlmutterplättchen zusammengefügt wurde, Arbeit des Nürnberger Goldschmieds Urban Wolff, Meister 1585, (Tafel 15, 3).

Während diese Renaissanceformen noch fortlebten, war inzwischen eine Bewegung eingetreten, die den gotischen Buckelpokal wieder in Aufnahme brachte. Mag es der Überdruß gewesen sein gegen das schablonenmäßige Zusammenfügen von Einzelgliedern zu einem Aufbau, dem das organische Wachstum fehlt, oder auch gegen die Überfülle von ornamentalen Motiven, die alles überwucherten und kaum eine ruhige Zone mitklingen ließen, mag auch die Hoffnung bestanden haben, die einheimischen gotischen Formen zu einer Weiterentwicklung bringen zu können, die den Renaissanceformen versagt schien, ein gesunder Untergrund war für die Bewegung zweifellos vorhanden. Aber die fast hundertjährige Abkehr von diesen Formen hatte doch auch den Zusammenhang mit dem gotischen Formempfinden schon zu sehr gelockert, die Renaissancegliederung war schon zu tief eingedrungen, als daß noch so vollkommen wie zuvor die gleichen Grundsätze hätten ins Bewußtsein übergehen können. Schon die Werke des Nürnberger Meisters Hans Petzold, 1551–1633, Meister 1578, der am meisten sich in gotischen Buckelpokalen übte, lassen mancherlei Schwächen und Zwiespältigkeiten erkennen. Besser noch hat der begabtere und vielseitige Nürnberger Goldschmied Friedrich Hillebrandt, Meister 1580, † 1608, in einer gotischen Doppelscheuer in der Sammlung alter Goldschmiedewerke im Züricher Kunsthaus, ebenso auch sein Landsmann Hans Keller, 1601, in einem Buckelpokal der Ausstellung alter Goldschmiedearbeiten in Frankfurt a. M. 1914, 120, beide dabei auch unter völliger Durchführung der Achsendrehung, die formenbildende Spannkraft der ineinandergewachsenen Fischblasen zum Ausdruck gebracht. Aber doch, abgesehen von geringerem, die oberen Buckel quellen schon zu stark hervor, hängen nahezu überreif heraus und lähmen so wieder die straffe Haltung des Ganzen, die ungleich überzeugender bei dem Lüneburger Pokal von 1486 im Berliner Schloßmuseum