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harte Profile gegliedert, von denen in der unteren Zone ein durch Ziselierung mit Laub- und Bandwerk plastisch belebter Ring von halbrundem Profil den straffen Wuchs mit stärkerer Ausladung unterbricht. Ihm entspricht ein ähnlich ziselierter Wulst des Deckels. Drei Füße haben auch hier die Bestimmung, der Form mehr Ansehen zu geben, doch wirken sie mit ihrer doppelten Kurvenschwingung und ihrer zaghaften Anlehnung an den Fußring schwächlich. Die Form ist in ihrer Gliederung nicht der Gefäßbildung angepaßt, sie ist durch Entlehnungen aus der Architektur entstanden, ein Zeichen für deren Vorherrschaft im Kunsthandwerk zu jener Zeit.

Das mag auch der Fall sein bei den beiden großen Prunkvasen von ganz gleicher Form und nur in dem Relief der figuralen Szenen verschiedener Verzierung auf Tafel 65. Hier hat ein souveränes Schalten mit überlieferten, von der Architektur der italienischen Renaissance in ihren harmonischen Verhältnissen bestimmten Formen zu einem Erzeugnis von klassischer Schönheit geführt. Der Verfertiger dieser Vasen war der hervorragendste Künstler unter den Augsburger Silberschmieden, die damals in ihren Reihen nicht wenige in Erfindung und Ausführung hochstehender Meister zählten. Die Meistermarke kann nur auf Abraham Drentwett, 1647–1729, gedeutet werden, das begabteste und vielseitigste Mitglied dieser in mehreren Generationen blühenden Goldschmiedefamilie. Der Verfertiger der Vase ist jedenfalls derjenige, der eine Reihe von Folgen als Vorlagen für Silberschmiede in Kupferstich nach seinen Erfindungen hat herausgegeben, dabei auch Vasen und große Becken in Formen, die den beiden Prunkvasen sehr nahe kommen. Er nennt sich hier den älteren; doch ist ihm schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts ein Meister gleichen Namens vorangegangen. Die Formen lassen den Einfluß der an der Kunst Italiens geschulten eleganten klassizistischen Kunstweise der unter des Malers Lebrun Leitung für Louis XIV. tätigen Künstler wahrnehmen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß wohl größere Marmor- oder Bronzevasen ähnlicher Form und verwandter Ausstattung die Anregung zu den Arbeiten Drentwetts gegeben haben. Ob auch ähnliche Werke in Silber in Frankreich vorhanden waren, läßt sich nicht mehr feststellen, da ja fast alles französische Silber der Zeit Louis XIV. zur Bezahlung der Kriegsschulden wieder eingeschmolzen wurde. Die Kenntnis der damals in Frankreich entstandenen Kunstwerke muß sich Drentwett durch einen Aufenthalt im Lande selbst erworben haben und zwar als Mitarbeiter in einer der französischen Werkstätten, wie ja viele tüchtige