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Midas mit noch anderen Gestalten der Gruppe mehr in den Hintergrund eingebettet sind. Damit ist in virtuosester Weise eine malerisch vertiefte Bildwirkung erzielt, die als höchste Vollendung dieser Zwischengattung zwischen Malerei und Plastik anerkannt werden muß.

Die zu dem Becken gehörige Kanne auf Tafel 51, 1 entfernt sich von diesem Stil doch schon recht stark. Die Kanne ist, ebenso wie der Gießer zu dem Taufbecken, in allen ihren Teilen gegossen, auch sind die vier den Fuß bildenden Bügel, wie die als Schaft dienende Vase mit ihren beiden Tritonenkindern der Arbeit an jenem noch einigermaßen verwandt; Fuß und Schaft, ebenso auch der geschweifte Henkel mit dem darauf gelagerten Faun, sind in ihren Formen nicht ungewöhnlich und haben vieles gemeinsam mit anderen Werken der Spätrenaissance. Aber der Gefäßkörper der Kanne mit seinem ovalen Grundriß und seinem durch eine untere Einziehung etwa birnenförmigen Längs- und Querschnitt ist vollständig mit barockem Geist erfüllt. Die Grundform kann man nur ahnen, nicht sehen; sie ist ganz durchsetzt mit verschiedenem, plastisch gebildeten jagdbaren Getier, das aus dem Körper wild herauszustürmen scheint, am weitesten vorstoßend der als Ausguß gebildete Delphin. Das steht mit den reinen Umrißlinien, die die Renaissance bevorzugte, in schroffstem Gegensatz. Man denke an die Kannen eines Peter Flötner und Elias Geyer im 1. Band auf Tafel 12 u. 30. Eine solche Formenbildung mag bei Stilpuristen Anstoß erregen, doch muß man zugeben, das Wagnis dieser barocken wilden Gestaltung ist geglückt. Es gibt auch in Marmor ähnliche Bildungen, ebenso auch im Kupferstich jener Zeit.

Der obere Teil des Gefäßes ist nicht gewölbt, sondern wagrecht abgeschnitten. Auf einem flachen Deckel sitzt hier eine Muschel mit hochragender Schnecke, auf der sich der mit einem wehenden Tuch nur an Lenden und Schulter umhüllte nackte Midas, an seinen Eselsohren erkennbar, in ungezwungener vorgebeugter Körperhaltung niedergelassen hat. Auch diese bewegte Sitzfigur ist in Gegensatz zu den gestreckten traditionellen Krönungsfiguren von Spätrenaissancepokalen ungleich lebensvoller, ja natürlicher. Auf einer Ranke hinter der Muschelschnecke liegen die Insignien der Königswürde. Wenn nicht diese als König Midas gekennzeichnete Gestalt die Kanne krönte, würde man nicht vermuten können, daß sie als zugehörig zu dem Rosenwasserbecken erfunden sei. Eher als zugehörig zu einer Jagdgarnitur. Nun war ja die Jagd das von deutschen Fürsten jener Zeit das am leidenschaftlichsten ausgeübte