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Für die Verteilung der bildlichen Darstellungen auf die verschiedenen Felder des Taufbeckens war natürlich deren Ordnung und Größe bestimmend. Nächst dem Mittelfeld nehmen die drei großen Rundfelder den ersten Rang ein. Nach der autoritativen Geltung der Auffassung Luthers von der Bedeutung und Wirkung der Taufe und nach der herrschenden kirchlichen Typologie hätte es wohl nahe gelegen, daß für diese drei Felder vor allem Christi Opfertod, oder dann Szenen gewählt worden wären, die Luther selbst in vorbildliche Beziehung zur Taufe gesetzt hatte. In seinem ersten Taufbüchlein hatte Luther das im Anschluß an die Taufe an Gott zu richtende Fürbittegebet an Stelle des bisher üblichen Gebetes geändert in das sogenannte Sintflutgebet. Es beginnt mit den Worten: Allmächtiger ewiger Gott, der du hast durch die Sintflut nach Deinem gestrengen Gericht die ungläubige Welt verdammt, und in den folgenden Relativsätzen wird noch der Durchzug Israels durchs rote Meer und die Taufe Christi im Jordan herangezogen. Es wird also das Gebet mit einer dreifachen Typologie für die Taufe ausgestattet, die gewählten Vorbilder müssen also als die bedeutendsten von Luther gewertet worden sein.

Bei der Auswahl der Bilder für die Taufschüssel tritt eine andere Bewertung ein, im wesentlichen veranlaßt durch die Absicht, für die Kindertaufe aus der Geschichte des alten Bundes aus Christi eigener Kindheit die Vorbilder anzuführen. Mit der Taufe war die Namengebung verbunden, ebenso wie bei den Juden mit der Beschneidung (Luk. 1, 59). Auf der Taufschüssel werden hieraus zwei Szenen gemacht. So wird zunächst unter dem Mittelfeld (mit der Dreieinigkeit) die Darstellung des Christkindes im Tempel zu Jerusalem (Luk. 2, 22) gezeigt, ferner links vom Mittelfeld die Beschneidung. Die Hinzufügung der von der Beschneidung getrennten Darstellung war wohl veranlaßt durch die Erwägung, daß hierbei Simeon die ihm von dem Heiligen Geist eingegebene Offenbarung bekundete (Luk. 2,25–35): „Herr, nun lässest Du Deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volkes in Israel“ und in den Worten zu Maria: „Siehe, dieser wird gesetzt zu einem Fall und Auferstehen vieler in Israel.“ Die Beschneidung als Symbol des von Gott mit Abraham geschlossenen Bundes (1. Mos. 24, 4), wodurch der Beschnittene in den Bund Gottes mit Israel aufgenommen war, wurde als Vorbild für die christliche Taufe betrachtet.