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diesen Werken zu hoher Kunstfertigkeit gelangte. Die alten Kunststädte Nürnberg und Augsburg gingen in der Erfindung und künstlerischen Entwicklung wohl den Residenzen der deutschen Fürsten und den größeren Handelsstädten voran, aber bald erreichten auch deren Meister die gleiche Stufe der Vollkommenheit und künstlerischen Geschmacks. So mögen wohl noch die in Dresden vorhandenen Kunstgegenstände von höherem Kunstwert dieser Art aus der Zeit von Kurfürst August auswärtigen Meistern zu danken sein, unter seinen Nachfolgern nehmen die im Land erzeugten Werke oft zumindest den gleichen Rang ein. Schon zu Zeiten Kurfürsts August (reg. 1553 bis 1586) zählten zu den berühmtesten Nürnberger Werkstätten die der Lencker und der Jamnitzer, so erscheint es also naheliegend, daß er von deren Meistern sich Werke zu verschaffen suchte.

Von Elias Lencker, der in Nürnberg 1562 Meister wurde, besitzt das Grüne Gewölbe einen Kalvarienberg, der im Jahr 1577 entstand (Tafel 14), dieser ist in mehrfacher Hinsicht von Interesse. Zeigt er doch die umfassendste Verwendung monströs gebildeter Perlen, also solcher Perlen, die während ihres Wachstums eine krankhafte Veränderung erlitten und dadurch ihre sonst regelmäßige Form einbüßten, so daß sie zur Verwendung des Schmucks der Kleidung untauglich schienen. Man findet vereinzelt solche verkrüppelte Stücke auch schon zu jener Zeit zu den damals beliebten Anhängern verwendet, die in allen möglichen Gestalten ausgeführt wurden, als Menschen und Tiere, oder auch als Geräte, wozu also die zufällige Form einer solchen Perle gelegentlich für einzelne Teile passend erscheinen mochte. Die verbreitetste Verarbeitung in dieser Art finden wir aber erst zu Anfang des 18. Jhdts. Lencker hat eine ganze Sammlung dieser Perlen benutzt, um daraus den zum Teil unterhöhlten Berg zu gestalten, auf dem das Kreuz Christi errichtet ist, eine besonders künstlerische Wirkung hat er damit nicht erreicht. Es fällt noch auf, wie die Verbindungsstellen zwischen den einzelnen Perlen mit Moos und anderen kleinen Pflanzen bedeckt sind, wie auch hier und da Sträucher und Bäume, sowie kleine Tiere den Berg beleben. Es sind das nach der Natur gegossene Pflanzen und Tiere, vermittels eines in der deutschen Vitruvausgabe beschriebenen Verfahrens, das auch in der Werkstatt Jamnitzers geübt wurde. Es ist das immerhin bemerkenswert wegen der daran bewährten Virtuosität des alle Schwierigkeiten leicht überwindenden Könnens. In künstlerischer Hinsicht verdienen an dem Calvarienberg die Gestalt Christi, sowie