Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 1.pdf/44

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Das Grüne Gewölbe besitzt ein fatimidisches Bergkristallgefäß von schlanker Form, gleichfalls ohne Angriff, des 10.–12. Jhdts. (Tafel 2), das unten kugelig leicht ausgebaucht nach oben mit breitem hohen Hals gebildet ist. Die Fassung stammt erst aus dem 16. Jhdt. Das Stück war ebenso für eine Fassung bestimmt, wie der Zapfen am Boden beweist. Das Gefäß hat sicher mehrmals seine Fassung gewechselt, von einer Fassung des 13. Jhdts. ist der Lippenrand erhalten geblieben. Die Fassung, die ihm dann inschriftlich im Jahr 1560 gegeben wurde, steht schon unter dem Einfluß der Renaissancepokale des 16. Jhdts. Es ist also, im Gegensatz zu der Pariser Kristallvase, hier der Gefäßkörper in die Höhe gerückt durch einen schlanken Fuß, dessen künstlerische Verzierung, wenn sie auch mit dem spitzblättrigen eingeschnittenen Akanthusornament keinen Einklang erstrebt, die hohe Wertschätzung des Gefäßes erkennen läßt. Der eine halbkugelige Kristallschale (heute durch Glas ersetzt) umfassende Deckel, der als Abschluß die Form nach oben abrundet, ist erst mit der Renaissancefassung hinzugekommen. Das Gefäß selbst wird wohl auf einer Pilgerfahrt von Jerusalem hierher gekommen sein. Leider ist die Fassung ohne Marken gelassen, wodurch deren Entstehungsort unbekannt bleibt, wenn auch der Künstler selbst, durch eine in den Boden unter dem Gefäß eingelassene kleine Kanne wohl seinen Namen andeuten wollte.

Neben diesem Bergkristallgefäß arabischen Ursprungs, das rund 500 Jahre nach seiner Entstehung seine deutsche Fassung erhielt, besitzt das Grüne Gewölbe noch eine Gruppe von Pokalen mit Bergkristallgefäßen, deren Form nicht auf ausländischen Ursprung zurückzuführen sein wird. Das Kristallgefäß hat vorwiegend die Form eines nach oben kegelförmig erweiterten Bechers, ist entweder glattwandig oder in senkrechten Kanten und Flächen geschliffen. Der Zapfen unter dem Boden läßt erkennen, daß es von vornherein als Einsatz in einen Metallfuß entstanden war. Das Gefäß hat stets einen Deckel, entweder aus Metall oder aus in Metall gefaßtem Kristall. Lichtwark, der ausschließlich den Metallpokal im Ornamentstich im Auge hat, sagt S. 62 (Der Ornamentstich, Berlin 1888) „Seine Gestalt in der spätgotischen Periode schließt sich im allgemeinen an das Vorbild des romanischen Abendmahlkelches“. Einschränkend fügt er aber gleich hinzu: „Aber der hohe Fuß hat nur selten einen Nodus (Knauf), der Körper wird ganz frei entwickelt und es tritt ein reich verzierter Deckel hinzu“. Es bestehen also doch recht erhebliche Unterschiede zwischen dem hohen schlanken Deckelpokal und dem