Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 1.pdf/37

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

auch wenn sie etwa nur aus Metall einen Ziergegenstand, einen Pokal z. B. zu schaffen hatten, die Form wählten, die durch Vereinigung mit einem solchen Naturgegenstand, z. B. einem Straußenei, einem Horn, einer Muschel, einem Bergkristall- oder Glaszylinder entstanden war. Wichtiger aber ist das erstere. Besonders in der Goldschmiedekunst spielt die Vereinigung von Gefäßkörpern, Schalen, Platten aus Steinen oder aus anderen Stoffen mit Metallteilen eine viel größere Rolle, als es den Anschein hat, sie war vielleicht das frühere. Dieser Anschein ist hauptsächlich hervorgerufen worden durch den Ornamentstich der Renaissance in Deutschland und durch die ihm gewidmeten Untersuchungen. Dieser Ornamentstich ist fast ausschließlich, soweit er Gefäße darstellte, deren Herstellung nur aus Metall gewidmet. Der Deckelpokal auf hohem Fuß ist es, dem das Hauptinteresse der Erfinder sich zuwendet, eine erheblich geringere Bedeutung haben andere Gefäßformen. Wie dieser Pokal aus gotischem Formgefühl und materialgerechter Behandlung entstanden ist und allmählich Elemente der Renaissance in sich aufnahm, das läßt sich bei der Betrachtung der Ornamentstiche erkennen. Zweifellos haben auch diese Vorlagen der Ornamentstiche auf die Ausführung einen großen Einfluß ausgeübt, vorzüglich auf die handwerkliche Herstellung des 16. u. 17. Jhdts. Doch ist dies keineswegs die einzige Quelle, aus der das Kunsthandwerk schöpfte. Es darf auch keineswegs außer acht gelassen werden, daß die erfindenden Ornamentstecher erst von den Werken der Goldschmiede häufig die Anregung empfangen haben. Der ausführende Meister, insbesondere der Künstler unter den Handwerkern, verhielt sich auch oft genug selbständig in seinen Arbeiten. Bei den Werken aber, in denen Naturformen oder Steingefäße mit Metallformen gemischt sind, fehlen im Ornamentstich die Vorlagen. Hier folgt der ausführende Meister eigener Erfindung oder der in den Werken selbst ruhenden Anregung oder der in seiner Werkstatt ausgebildeten Tradition. Die Ornamentstecher gehen an dieser umfangreichen Gruppe von Werken vorüber, als ob sie gar nicht vorhanden gewesen wäre. Die Gruppe hält aber doch jener anderen Gruppe von reinen Metallgefäßen die Wage, und in künstlerischer Hinsicht ist sie schwerwiegend genug, um unsere volle Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen. Wenn wir die Entstehung der Formen an den ausgeführten Werken selbst ins Auge fassen, dann erkennen wir, daß auch hier in diesen Werken gemischter Stoffe sich eine Entwicklung vollzieht von ähnlicher stilistischer Bedeutung, wie in dem Ornamentstich und