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dieselben jetzt auf die bequemste Weise den Lauf des Flusses von Marburg bis zu seiner Mündung auf den drei ihn berührenden Eisenbahnen verfolgen, und in wenigen Stunden die mannichfachen landschaftlichen Reize, welche sich an seinen Ufern entfalten, an ihren Augen vorüber gehen lassen. Und selbst ein solcher flüchtiger Besuch des Lahnthals ist lohnend genug; soviel ist wenigstens gewiss, dass dieses so viele Sehenswürdigkeiten in Beziehung auf Natur und Kunst in sich schliesst, dass sich kein anderes mit einem Schienenwege durchzogenes Seitenthal des Rheins, das schöne Nahethal mit seinen Rebenhügeln und wilden Felspartien nicht ausgenommen, mit ihm vergleichen lässt. Denn in ihm findet sich alles das, was von diesem mit Recht gerühmt wird, weite, gesegnete Thalflächen und anmuthiges, fruchtbares Hügelland, steile Berge, an denen schroffe Steinwände emporstarren, und die in ihren Vorsprüngen die Bahn in zahlreichen Tunnels durchschneidet; alte, verwitterte Burgen, die in ihrer Wittwentrauer auf den unten vorüberbrausenden Verkehrsstrom der neuen Zeit düster herabschauen, malerisch gelegene Städtchen mit alten Schlössern, Gesundbrunnen und Badeorte mit ihrer modernen Eleganz, nur in reicherer Fülle und mehr zusammengedrängt, dazu aber besitzt es herrliche Dome und prachtvoll gelegene Klöster, verkehrsreiche Handelsplätze und altberühmte Stätten der Wissenschaft. Bloss von Wetzlar bis Lahnstein fliegt man binnen drei Stunden an zehn Städtchen vorüber und passirt achtzehn zum Theil bedeutende Tunnels, um fast jedesmal, wenn man aus der Finsterniss derselben in das Tageslicht zurückgeführt wird, von einem zauberischen Landschaftsbild überrascht zu werden. Ueber der ganzen Strecke aber schwebt der Duft zahlreicher historischer Erinnerungen älterer und neuerer Zeit; aus jener werden uns die Bilder von Fürsten, welche in die Schicksale und die Entwickelung des

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August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite VIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)