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überaus idyllischen Aufenthalt, der doppelt reizend wird durch die Aussicht auf das weite Thal und die auf ihren Bergspitzen sich erhebenden Ruinen Gleiberg und Vetzberg. Auch ihr selber fehlt der Reiz der Romantik nicht, denn die eigentliche Badenburg, welche im Jahre 1358 von Johann von Weitolshausen, genannt Schrautenbach, erbaut worden, ist, freilich erst im vorigen Jahrhundert, durch Abbruch des Dachs zur Ruine geworden. Noch der Antiquarius des Lahnstroms berichtet von „den herrlichsten Malereien, so verschiedene Feldschlachten vorstellen“, mit denen das Herrenhaus ausgestattet gewesen sei; jetzt gähnen uns die breiten Fensteröffnungen des dachlosen Mauerwerks gespenstisch an. Der besuchenswerthe Gleiberg ist gleichfalls etwa eine Stunde von Giessen entfernt. Der Weg dorthin führt an dem auf einer Art Hochfläche gelegenen Hardthofe vorüber; von da steigt derselbe allmählich zur Bergkuppe empor, welche das Dorf und die Burg Gleiberg trägt. Der Ort, an der südlichen Seite des Gipfels hängend, ist zum Theil noch mit Mauern umgeben. Schon hier geniesst man in dem schattigen Wirthschaftsgarten eine herrliche Aussicht in das Thal. Der Weg zum Schlosse führt an der alten Kirche vorüber; der Vorhof desselben ist zum Theil noch bewohnt, während das eigentliche Schloss in Trümmern liegt. Ueber seinem Mauerwerk erhebt sich aber stolz der starke runde Thurm, welcher vor einigen Decennien restaurirt und mit einer Treppe versehen worden ist. Auf seiner Zinne bietet sich dem überraschten Auge ein herrlicher Rundblick thalauf- und abwärts und über die fernen Berge des Taunus und Westerwaldes dar. Hier mag man auch empfinden, wenn man die zu Füssen ausgebreitete Landschaft überschaut, warum in früherer Zeit Gleiberg eine so grosse Bedeutung erlangen konnte, denn in dieser hohen, isolirten und festen Lage kündigt sich die Burg wie von selbst als die Beherrscherin derselben an. Ueber

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August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/81&oldid=- (Version vom 1.8.2018)