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von Ungarn, ihm städtische Rechte verlieh, und ihn dieser zum Wittwensitze erkor, so beginnt sein eigentliches Emporkommen doch erst mit dem Momente, wo sie, schon im sechsundzwanzigsten Jahre ihres Lebens und im sechsten ihrer Ehe des Gatten beraubt (1228), denselben bezog. Es ist bekannt, wie diese Fürstin, bis zum Aeussersten streng gegen sich selbst, gütig und wohlthätig gegen Andere in dem Masse war, dass sie sich selber der Pflege der Armen und Kranken unterzog, und wie sie in diesen Samariterdiensten ihre höchste Befriedigung fand. Nicht umsonst weinte ihr daher das Volk bei ihrem frühen Tode im Jahre 1231 reichliche Thränen nach; die Bewunderung ihrer Zeitgenossen aber bewirkte ihre frühe Heiligsprechung (1235), und die Kunst und Poesie der Nachwelt haben die jugendliche Gestalt der frommen Fürstin mit Vorliebe zum Gegenstand ihrer Darstellung gemacht. Ihre Ruhestätte aber wurde zu einem vielbesuchten, wunderwirkenden Wallfahrtsort, und als sich über ihrem Grabe die herrliche Kirche gewölbt hatte, erhob sich die Stadt Marburg zu immer grösserer Bedeutung. Bald wurde derselben die Ehre des Namens einer Mitresidenz zu Theil, so dass sie schon in der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts zur zweiten Stadt Hessens aufgeblüht war. Auch trug die Verleihung der Stiftungen der heil. Elisabeth an den deutschen Orden, der nun hier seinen Hauptsitz für Hessen nahm, zu ihrer Erhebung nicht wenig bei. Die im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert sich mehrmals wiederholenden Feuersbrünste, welche die Stadt verheerten, beeinträchtigten nur momentan ihr Wachsthum und ihren Wohlstand. Sehr bedeutungsvoll wurde aber für dieselbe die Reformation. Denn Landgraf Philipp der Grossmüthige gründete hier im Jahre 1525 die erste protestantische Universität, die er reich dotirte und mit tüchtigen Lehrern versah. Obwohl mehreremale ansteckende Krankheiten, welche die Stadt heimsuchten,

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August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/66&oldid=- (Version vom 1.8.2018)