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aber als halbverwester, vom Gewürme zerfressener Leichnam in abschreckender Weise dargestellt. Ein im Jahre 1847 gefallener Wolkenbruch, der im Inneren der tiefgelegenen Kirche starke Verwüstungen anrichtete, ist der Anlass der Renovation geworden, die von Herrn Professor Lange geleitet wird und jetzt beinahe vollendet ist. Nur an dem Thurme auf der Kreuzung des Quer- und Langhauses wird noch gearbeitet.

Auch die lutherische Kirche würde in einer andern Stadt eine stattliche Metropolitane abgeben, in Marburg aber wird sie durch die Elisabethenkirche zu sehr in Schatten gestellt. Sie liegt ziemlich hoch auf der entgegengesetzten Seite des Schlossberges und ist auf einer in denselben eingehauenen Terrasse erbaut. Auch sie ist unter dem Einfluss der bei jener herangebildeten Bauhütte im dreizehnten Jahrhundert begonnen, aber erst im fünfzehnten vollendet worden; eine Hallenkirche, in deren Innerem sich übrigens ausser den grossen, mit Standbildern versehenen Grabmälern der Landgrafen Ludwig IV. († 1604) und Ludwig V. († 1626) nebst ihren Gemahlinnen nichts besonders Merkwürdiges vorfindet. Ihr Thurm, dessen Spitze scheinbar schief ist, trägt vier grosse Glocken, deren eine aus dem vierzehnten Jahrhundert (1362) stammt. Auch die kleine, aber zierliche Kugelkirche ist im gothischen Style erbaut und im Jahre 1482 eingeweiht worden. Sie hat ihren Namen von den Kugelherren, denen sie früher angehörte, und ist seit 1828 den Katholiken zum Gottesdienste übergeben. Die Kirche des ehemaligen Dominikanerklosters am Fusse des Bergs, dicht über der Lahn, ist im Jahre 1658 vom Landgrafen Wilhelm VI. den Reformirten überlassen worden. In den übrigen Klostergebäuden befindet sich das Gymnasium und die Aula der Universität. Letztere schmücken zwei Bildnisse des Gründers der Hochschule, Philipps des Grossmüthigen, das eine in Holz geschnitten, das andere in Oel gemalt, sowie

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August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)