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Ausgänge aus dem ersten und dritten Stockwerke haben. Die Hauptstrassen der Stadt sind die Barfüsser-, Wetter- und Untergasse, der Steinweg und die Ketzerbach. Letztere soll ihren Namen davon erhalten haben, dass der berüchtigte Ketzerverfolger Konrad von Marburg die Asche seiner Opfer in den sie durchfliessenden Bach gestreut habe. Der ziemlich auf der Mitte des Schlossbergs gelegene, etwas abschüssige Marktplatz ist zwar klein, aber wegen der Alterthümlichkeit der ihn umgebenden Häuser, vornehmlich des Rathhauses, interessant. Die Verbindung der Stadt mit dem jenseitigen Flussufer wird durch zwei Brücken hergestellt.

Marburg ist kurfürstlich hessische Provinzialhaupt- und Kreisstadt und als solche der Sitz verschiedener Behörden. Ihre grösste Bedeutung erhält sie jedoch durch die im Jahre 1525 gegründete Universität, welche in gegenwärtiger Zeit von 200–300 Studirenden besucht wird. Eine andere höhere Bildungsanstalt, welche sie besitzt, ist das Gymnasium. Die Haupterwerbsquelle für die 9100 Einwohner ist die Universität; ausserdem sind einzelne Industriezweige, wie ihre Gerbereien und Töpfereien, welche das weit und breit bekannte Marburger Geschirr liefern, in bedeutendem Flore.

Das Interesse, welches Marburg als Musensitz gewährt, wird wesentlich erhöht durch die Kunstdenkmale und Bauten von historischer Bedeutung, welche wir dort antreffen. Von ihnen lohnt allein schon reichlich den Besuch der Stadt die über alle Beschreibung herrliche Elisabethenkirche, dieses nach Vilmars Ausdruck „zum grossartigen Bauwerke verkörperte Trumphlied der Gottesminne, welches in seiner Majestät und in seiner Lieblichkeit von den Wundern jener wunderreichen Zeit erzählt, und aus der kunstreichen Harmonie seiner Säulen und Bogen die süssen Harmonien der Lieder vernehmen lässt, die damals sind gesungen worden in irdischer Freude und irdischer Sehnsucht, wie in Freude

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)