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steigen zwei Thürme kühn empor, deren edle Formen sieh schon von Weitem kenntlich machen; es ist die Stadt Marburg, zu der wir zwischen Obstwäldern gehend, zur Rechten die steilen Anhöhen, zur Linken die Lahn, welche durch die Ohm verstärkt und durch Wehre gedämmt, in ansehnlicher Breite still und klar dahinfliesst, von Wehrda aus in einer halben Stunde gelangen.


Marburg[1]

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Die Lage der Stadt Marburg ist überaus pittoresk. Von der Lahn in einem weiten Bogen umflossen, zieht sie sich fast bis zum Gipfel des steilen Schlossbergs, den sie in einem Halbkreis umgibt, hinauf, während ihre Vorstadt Weidenhausen sich in dem Thale ausbreitet. Die zwischen dem Gewirre der Giebel und blauen Schieferdächer hier und dort hervorblickenden, in Terrassen angelegten Gärten gliedern mit ihren grünen Bäumen die Häusermasse zu einzelnen Gruppen; über dem Ganzen steigt auf dem Gipfel des Berges unregelmässig, aber stattlich und kühn das Schloss empor, von dem man nicht mit Unrecht gesagt hat, dass es wie eine Krone über der Stadt ruhe. Obgleich hier und da auch moderne Gebäude zum Vorschein kommen, so vermögen sie doch nicht, den Charakter der Alterthümlichkeit, welchen die Stadt an sich trägt, zu verwischen. Diese Lage aber, welche Marburg so malerisch erscheinen lässt, hat für das Innere all’ das Unbequeme des Verkehrs herbeigeführt, welches den Bergstädten eigen ist. Viele der steilen Strassen und Gässchen sind gar nicht, und selbst die Hauptstrassen schwer mit Fuhrwerk zu passiren; lange Treppen verbinden die oberen und unteren Theile der Stadt, oft in so steilem Abfall, dass in den um den Berg laufenden Gassen die Häuser


  1. Gasthäuser: Ritter, Hôtel Pfeiffer, Bahnhofsrestauration.
Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)