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900 Einwohner, unter denen viele Bergleute sind. Im Dorfe Esten war in frühester Zeit das Cent- und Landgericht, sowie auch die Mutterkirche für die ganze Esterau, welche schon ums Jahr 950 unter dem Namen Predia Astina eine besondere Grundherrlichkeit bildete. Im eilften Jahrhundert war dieselbe Eigenthum des Hauses Nassau, dessen beide Hauptlinien sie von der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts an zu ungleichen Theilen besassen. Später wechselten die Besitzer der Esterau häufig, indem einzelne Theile derselben durch Kauf, Verpfändung oder Tausch an Nebenzweige des Hauses Nassau, an Hessen und Catzenellnbogen kamen. Von 1631 an war die Nassau-Hadamar’sche Linie im alleinigen Besitze der kleinen Herrschaft und führte in ihr den Katholicismus wieder ein. Doch war sie schon im Jahre 1643 genöthigt, dieselbe an den berühmten Peter Melander, Grafen von Holzappel, für 64,000 Thaler zu verkaufen. Kaiser Ferdinand III. erhob sie nun unter dem Namen Holzappel zu einer gefreiten Reichsgrafschaft. Obwohl kaiserlicher Feldmarschall führte Peter Melander die reformirte Confession, welcher er angehörte, in der Grafschaft wieder ein. Doch erfreute er sich nur wenige Jahre des Besitzes dieser heimathlichen Herrschaft, da er, im Jahre 1648 am 18. Mai in dem Treffen bei Zusmarshausen verwundet, in Augsburg noch an demselben Tage verschied. Seine Leiche wurde zuerst nach Regensburg und dann über Frankfurt, wo sie unter grossen kriegerischen Ehren empfangen wurde, nach Holzappel gebracht. In der Gruft unter der Stadtkirche, welche man ganz im alten Zustand gelassen hat, als diese an die Stelle der baufällig gewordenen früheren im Jahre 1823 erbaut wurde, ist gleich am Eingange rechts der grosse Holzsarg zu sehen, welcher den seine Gebeine umschliessenden Metallsarg umgibt. Die hohe Bedeutung des Mannes, welcher hier beigesetzt ist, verleiht dem düsteren, bestaubten Orte nicht gewöhnliches

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August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/190&oldid=- (Version vom 1.8.2018)