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liebeskranken Jünglings; das Stoppelberger Forsthaus oder der Magdalenenhauser Hof wurden als Wohnung des Amtmanns bezeichnet, und ein Grab in der Ecke des Kirchhofs im sogenannten Rosengarten wurde für das Grab Werthers ausgegeben, welches nicht nur Deutsche, sondern auch Ausländer bewegten Herzens aufsuchten, und von dem sie Erde als kostbare Reliquie in ihre Heimath mitnahmen. Doch ist mit dem wachsenden Interesse an der Göthe’schen Poesie auch das für die persönlichen Verhältnisse des Dichters lebendiger geworden, und die Forschungen haben immer mehr Licht auch über dessen Aufenthalt zu Wetzlar verbreitet. Besonders hat der von Kestner im Jahre 1854 herausgegebene Briefwechsel „Göthe und Werther“ durch die Einleitung und die Briefe Göthe’s zur Aufklärung der damaligen Verhältnisse des Dichters und der der Dichtung zu Grunde liegenden Begebenheiten beigetragen.

In der Stadt sind nur noch wenige Erinnerungen an Dichter und Dichtung vorhanden. Das Haus mit den zwei Erkern an der Barfüsser Bach, der Franziskanerkirche gegenüber, und das Zimmer in demselben, in welchem sich der junge Jerusalem erschoss – sein Grab auf dem Kirchhof ist nicht mehr zu ermitteln –; der Nebenbau des deutschen Hauses, in welchem Lottens Vater wohnte, und das der Dichter so oft „über die drei steinernen Treppen“ betrat. In neuster Zeit hat man das Besuchzimmer im oberen Stock mit allen den Reliquien aus der damaligen Zeit, deren man habhaft werden konnte, ausgestattet. Man zeigt daselbst ein Clavier, Kanapee, einen Spiegel, zwei Spiegelleuchter, verschiedene Tische, eine Commode, Sesselchen und Stühle; eine Wanduhr und einen Fussteppich; dann aber auch ein Nadelbüchschen und ein Zeichenheft von Lotte; ferner Ohrringe, ein Brieftäschchen, ein Nadelbüchelchen und eine von ihr angefangene Stickerei auf Atlas; endlich Handschriften von ihr, dem Vater, Gatten und den Söhnen. Auch Göthe’s

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August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/100&oldid=- (Version vom 1.8.2018)