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und ein Auge, welches der Flamme zugewendet ist. Zwischen dieser und dem Auge ist auf der Kerze eine Brille angebracht. Die linke Hand des Künstlers, einen Trommelstock haltend, stützt sich auf die, auf einem Säulenfusse liegende Trommel, auf deren Felle man ein recht nettes und höchst vollendetes Gemälde erblickt; es ist das Portrait Caspar Netschers, sehr ähnlich, im Profil. Er ist in reiche spanische Morgentracht gekleidet, trägt eine weite, rothe Mütze mit zwei Hörnen, eine dreifache Krause und eine schwarzseidne Toga über einem Wamse mit goldnen Blumen. Mit der rechten Hand hält er die Spitze seiner Nase, und mit der linken Pinsel und Palette. Auf einer Staffelei vor ihm sieht man den halbgeschornen Kopf eines Schafes abgebildet, welches mit einer orangenfarbigen Narrenmütze geziert ist, und im Maule ein Messer hält. Neben der Trommel befindet sich eine Zeichnung, die Gestalt eines geharnischten Kriegers mit langen zerstreuten Haaren vorstellend; in der Linken hält er Fesseln und eine brennende Fackel, mit der Rechten aber ein Wappenschildchen, worauf man ein Brustbild mit Hörnern und Doppelgesichte bemerkt. Weiter vor erblickt man Rosen und andre Blumen, so wie eine brennende Lunte, deren Rauch zu Netschers Nase aufsteigt. Eine Rolle mit den Grundsätzen der Baukunst, eine Venus von gebrannter Erde und ein Gladiator von Gyps beenden diese reiche Composition.

Durch diese Allegorie giebt Terburg zu verstehen, dass Caspar Netscher arm und bittend zu ihm gekommen sey, um Unterricht von ihm zu erflehen; dass derselbe in seine Schule aufgenommen wurde, und darin die Grundsätze der Kunst erlernte. Terburg, dessen Eigenliebe gekränkt war, will nun öffentlich bekannt machen, dass er an Netscher eine Schlange in seinem Busen genährt habe, einen Menschen mit einem doppelten Gesichte, unverschämt, ehrgeizig und sein Glück auf Kosten seiner Ehre machend, indem er die Leidenschaft und Narrheit Wilhelms III. zu seinem Vortheile benutzte, und diesen Fürsten bei der Nase herumführte.

Terburg bildete sich unter seinem Vater; sein Geschmack in der Zeichnung ist schlecht, seine Gewänder aber sind in Ansehung des Colorits und der guten Erfindung, unvergleichlich. Sein vorzüglichstes Bild ist die Beschwörung des Münsterschen Friedens, von Suyderhoef gestochen.

Aus der Sammlung des Conseiller de Burtin zu Brüssel. Auf Leinwand, 42 Zoll hoch, 34 Zoll breit.


No. 9.
Peter Paul Rubens.

Brustbild eines Augustiner-Priors, in Lebensgrösse und schwarzer Kleidung. Bewundernswürdige Wahrheit, Wirkung und Erhabenheit des Ausdrucks, machen dieses Portrait zu einem der vorzüglichsten, welche von diesem grossen Meister bekannt sind. Es ist ganz von Rubens selbst gemalt, und liefert, wie alle Werke dieses Künstlers, Beweise seiner grossen Verdienste.

Aus der Burtinschen Sammlung zu Brüssel. Auf Holz, 26 Zoll hoch, 22 Zoll breit.


No. 10.
Michel Angelo Buonaroti,

oder, wie ich eher glaube:
Martin Hemskerk,
geb. 1498, gest. 1574 zu Harlem.

Der Ritter Astolf, den Zauber des Palastes Atlas von Carêne zerstörend. In diesem Palaste hauste nämlich ein Zauberer, welcher die, durch seine Blendwerke angelockten Ritter und Damen darin zurückhielt, und die Gegenstände, die er ihnen entwenden wollte, unsichtbar machte. – Die Idee zu diesem Gemälde ist aus dem 22. Gesange des Ariost, eines Freundes von Michel Angelo, entlehnt. Der Ritter Astolf wird in dem Augenblicke dargestellt, wo er einem Bauer befiehlt, die, den Zaubergeist verbergende Schwelle aufzuheben. Hinter ihm gehen zwei bezauberte Ritter, vertieft in Aufsuchung ihres geliebten Gegenstandes, vorbei. Durch die Thüre sieht man in der Ferne eine, mit Bergen umgebene, alte Stadt, gegen welche bewaffnete Männer ziehen.

Dieses Gemälde ist in jeder Hinsicht interessant, und überrascht sowohl durch kräftiges Colorit, als durch Vollendung und Wahrheit. So ist der Ausdruck des Ritters, wie er dem Arbeiter befiehlt, sich zu beeilen, und seine Besorgniss, überrascht zu werden, äusserst sprechend und wahr.

Bis 1803 war dieses Bild eine Zierde des alten Hôtel Derer de Königsegg-Querbs in Brüssel. Ein Abkömmling dieser berühmten Familie, General in Carls V. Diensten, brachte es aus Italien in die Niederlande. Die Figuren sind von kleiner Lebensgrösse.