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Infanteristen am Morgen nicht gefunden hatten, die gab ich und der Kosak ließ dieselbe befriedigt in seine Tasche gleiten, aus der noch mehrere Ketten halb heraus hingen. Zwei Treppen hoch fanden sie wieder zwei von unsern Knechten, doch waren die so klug, sich in einem Zimmer an den Tisch zu setzen und so zu tun, als ob sie da logierten. Sie wurden heruntergeschleppt, einem langen Verhör unterzogen, Bajonett mehrfach auf die Brust gesetzt und schließlich wieder laufen gelassen. Im Dorf hausten die Banden entsetzlich, vergewaltigten Frauen und Mädchen, prügelten die Eltern mit Säbeln zum Hause heraus, schleiften die Mädchen an den Haaren herbei u. dgl. mehr.

Abends betete unsere Kleine zum Schluß ihres Gebetes: „Lieber Gott, laß unsern Vatel gesund wiederkommen und laß den Herrn nicht tot werden“, sie meinte damit unsern Erretter von den Plünderern. Wenn er auch Russe wäre, meinte sie, so wäre er doch gut gegen uns gewesen und da dürfte sie doch für ihn beten. Am Sonntag den 6. September las ich im Saal eine Andacht von Schotte mit den Leuten zusammen. Vorher sangen wir „Ein' feste Burg ist unser Gott“, dann las ich die Kriegsandacht, die gerade für unsere Lage geschrieben schien und den Leuten sehr zu Herzen ging. Die Predigt von unserm Superintendenten, die mir vor der Russenzeit zugeschickt war

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Sally Innes Siegfried: Aus der Russenzeit Ostpreußens. Verlag von Hapke & Schmidt, Berlin 1915, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SiegfriedAusDerRussenzeitOstpreussens.pdf/50&oldid=- (Version vom 1.8.2018)