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in angrenzenden Zimmern. Der Tag fing meistens schon um vier Uhr an, man hatte keine Ruhe im Bett. Abends wurden die Laden zugemacht und alle Lichtritzen zugestopft, damit durch den Schein der Lampe die Russen nicht angelockt wurden. – Im Dorf hat ein Offizier erzählt, die Russen würden unsere Soldaten jetzt alle in die See treiben, in drei Wochen würde ihnen ganz Deutschland gehören. Die Gemeinen haben fast alle ein kleines Bild vom Zaren in ihrer Mütze, das zeigten sie mehrfach und sagten „das wäre nun unser Kaiser“. Acht Tage waren wir nun schon ganz ohne Zeitungen und auch mein armer Mann war ohne jede Nachricht von uns, wußte nicht einmal, ob wir daheimgeblieben waren oder nicht. Ich wußte, wie er und alle andern Angehörigen sich um uns sorgen würden und doch war es unmöglich, ein Lebenszeichen ihnen zukommen zu lassen. An manchen Tagen hörten wir Kanonendonner, so schien an einem Tag eine Schlacht zwischen Wehlau und Gerdauen zu sein; abends erzählten Russen, sie hätten eine große Schlacht gewonnen. Wir mußten es glauben, hatten wir doch die vielen Soldaten hinziehen sehen mit den schrecklich vielen Mordwaffen, alle dazu bestimmt, unsere armen Soldaten zu vernichten. Sollten die Russen zurückgeschlagen werden, so erzählten sie selbst, würden sie keinen Stein auf dem andern lassen; wir hofften, sie würden

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Sally Innes Siegfried: Aus der Russenzeit Ostpreußens. Verlag von Hapke & Schmidt, Berlin 1915, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SiegfriedAusDerRussenzeitOstpreussens.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)