Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland | |
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Kurland, die Pfannkuchen, zum Abendessen auf dem Tisch gewesen waren und die Kleinsten ihn umsprangen, zu ihrem gaudium das Verslein an:
Mandeln und Rosinen,
Die schmecken wahrlich gut;
Man verdanket ihnen
Frisches, frohes Blut; —
Doch Pfannkuchen mit Saft,
Die geben neue Lebenskraft.
Dieser Schlußrefrain, mit erkünsteltem Baß von der kleinen Horde im Chor gesungen, steigerte natürlich das Entzücken bis in die Fixsterne. Wie leicht ward es dem alten Mann, an die Spiele der Kinder anzuknüpfen, neue anzuregen und erstere überhaupt geistig zu wecken! Ich werde hiebei an ein Wort der Mad. Necker de Saussure erinnert: „Was uns Spiel scheint, ist den Kindern hoher Ernst.“ In der That ist es ja so bei jedem nicht übersättigten, nicht blasierten Kinde. Letzteres ist bei seinem Spiel nicht mit halbem, sondern mit ganzem Herzen. Darum ist es so wichtig, die armen Kinder, die nicht selbst zu spielen verstehen, entweder weil sie zu wenig Phantasie haben, oder weil man sie in thörichter Weise überfüttert hat, — erst recht spielen zu lehren, worin vielleicht das Hauptverdienst Fröbels liegt, — und die lieben Kleinen so vor übler Laune, Zank und Langeweile zu bewahren, — und fast ebenso wichtig, dem selbstgewählten Spiele durch Teilnahme zu einem gewissen Abschluß, zu einer vollen Erschöpfung seines Spielinhalts zu helfen und das Kind dadurch vor launenhafter Unbeständigkeit und vor Überdruß zu behüten. Liegen doch in Art oder Unart der Kinderjahre die schwellenden Keime des spätern Charakters. Dafür hatte der Großvater ein inniges Verständnis. Der Vater, so ernst und gewissenhaft er sich unseres Unterrichts annahm und so
Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1885, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SeebergAusAltenZeiten.pdf/176&oldid=- (Version vom 21.9.2022)