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Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland

Jossel; war ja von mir nur ein Spaß. Weißt du denn nicht, daß das Gesetz überhaupt verbietet, Krüge an Juden zu verarrendieren?“

„Laß ihm freien,[1] dem Gesetz! Wird er uns baißen, der Gesetz? – Wird der Joseph, der Kammerdiener, geben den Namen, wird er haben den Krug, werd ich zahlen die Arrende, werd ich zahlen 125 Rubel.“

„Hab ich nicht recht, Jossel, wenn ich sage, daß du ein pfiffiger Kerl bist. Und nun hör, Jüd, zahlst du mir 130 Rubel für den Krug und schaffst du mir dreihundert heute auf der Stelle, – Rückgabe nächsten Martini, – so sollst du leben und bleiben.“

„Was soll’n mer machen!“ sagte der Jud mit Achsel­zucken. „Für den gnädigen Herrn müssen wir schon sehn, alles zu schaffen. – Aber was soll’n mer mit dem Geld? Nach der Stadt fahren?“

„Ja, nach der Stadt fahren. Die gnädige Frau wird dir aufschreiben, was du alles von Schönmann holen sollst. Aber morgen abend bist du zurück, – hörst du; denn Sonnabend ist Jagd.“

„Adje! gnädiger Herr. Wird alles werden besorgt, und werden sein zufrieden, gnädiger Herr!“

Damit verließ der Jude das Zimmer, um sich an das andere Ende des Hauses zu begeben, wo die Zimmer der Frau von Kagel sich befanden. Unterwegs begegnete ihm im Vorzimmer der Kammerdiener Joseph.

„Na, Jud, heute gute Geschäfte gemacht?“ fragte ihn der letztere. „Habt Ihr den Krug gekriegt?“

„Ja, für 130 Rubel. Viel Geld! grausam viel Geld! Sie werden geben den Namen, und ich werd halten den Krug.“

„Und glaubt Ihr, daß das umsonst sein soll?“

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Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1885, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SeebergAusAltenZeiten.pdf/141&oldid=- (Version vom 21.9.2022)
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