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verschwunden, wie die Jahre, die ihnen zum Daseyn und Genuße gegeben waren. Und erfüllten viele auch eine große Zahl von Jahren, wir finden sie nimmer; nirgends ist mehr eine Spur von ihnen! Wer also immer in diese Welt eintritt, er muß über kurz oder lange dieselbe verlassen; er hat kein Bleiben, keine Dauer hienieden, wie dieses auch die tägliche Erfahrung lehret.

„Es ist dem Menschen aufgesetzt, einmal zu sterben.“ Es ist dieses eine Schuld, die jeder unabweislich abzutragen hat. Dieses sehen wir auch so eben wieder. Es ist hier ein Grab vor uns geöffnet, das vor unsern Augen die hinfälligen Reste einer tugendreichen Jungfrau in seinen Schoos genommen hat. –

Wie? wenn der Mensch hier keine bleibende Stätte hat, wenn er eine zukünftige suchet, wozu ist ihm dieses kurze und hinfällige Leben gegeben? Es soll ihm ein Mittel seyn, zur Erlangung eines künftigen, eines unvergänglichen Lebens. Er soll dieses ewige, künftige Leben als sein letztes Ziel und Ende stets im Auge haben. Er soll wie ein Pilger, der eine grosse Reise vorhat, unaufhörlich vorwärts schreiten, auf seinem Wege nicht stille stehen, keine Gefahr, kein Hinderniß fürchten, das ihn vom Ziele abführen könnte.