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Max Schneidewin: Ernst von Leutsch: Ein Nekrolog

Leutsch war, wie gesagt, mit so überwiegender liebe und gewissenhaftigkeit docent, dass seine wissenschaftliche schriftstellerei verhältnissmässig weniger hervortritt. Seine schriften sind (abgesehen von dem schon gelegentlich erwähnten): 1) Grundriss zu vorlesungen über metrik, 1841, ein dem damaligen stand der wissenschaft entsprechendes und namentlich durch seine fülle der beispiele aus den alten dichtern für jahrzehnte sehr brauchbares buch. 2) Corpus Paroemiographorum Graecorum, an dessen 1839 mit F. W. Schneidewin zusammen herausgegebenem ersten theile Leutsch (s. Praefatio Schneidewini p. XXXIX) schon den löwenantheil hatte, während er den zweiten 1851 allein herausgab. Das buch ist bis heute das hauptwerk über dieses etwas ablegene, aber für den griechischen volksgeist sehr interessante stoffgebiet. 3) Der 7 bogen lange artikel Ovidius in Ersch’ und Grubers encyclopädie, jahrgang 1836. 4) 8 übrigens ziemlich kurze Indices Scholarum, davon 6 auf Pindar bezügliche, 1859–69. 5) Seine beitrage zu philol. zeitschriften, insbesondere seinen eigenen. Diese beziehen sich auf mancherlei schriftsteller, sind übrigens nach länge und bedeutung sehr verschieden; Leutsch konnte wohl, wenn er in eile noch einen „lückenbüsser“ herstellte, in der festhaltung des begriffes „abhandlung“ die kategorie der quantität höchst cavalièrement bei seite setzen, andererseits hat er auch wohl ganze hefte ganz allein angefüllt.

Der redaction seiner beiden philologischen zeitschriften widmete sich Leutsch in den letzten jahrzehnten seines lebens mit ganzen kräften und unermüdlichem fleisse. Die des Philologus übernahm er 1856 nach F. W. Schneidewin’s tode. Die damals 10 jahrgänge alte zeitschrift hatte sich schon in der philol. welt sehr gut eingeführt; Leutsch liess es sich angelegen sein, ihren ruf nicht nur auf der alten höhe zu halten, sondern womöglich ihn noch durch vielseitige trefflichkeit des gebotenen zu übertreffen. Und welche schätze unermesslichen gelehrtenfleisses sind in den 30 jahren seiner redaction wieder in dieser zeitschrift niedergelegt! Bei der gewissenhaftigkeit der prüfung des aufzunehmenden und bei der anregung zu beiträgen, welche er an die geeignetsten kräfte in die runde, in Deutschland und auch im ausland, ergehen liess, hatte Leutsch eine ganz ausserordentliche arbeitsfülle von dieser herausgabe des Philologus und neben dem erhebenden bewusstsein, in einer art von organisatorischem dienst der wissenschaft thätig zu sein doch auch den druck, nie aus den briefschulden herauskommen zu können. Er war in seiner correspondenz höchst pünktlich und trotz des bemühens eben nur sachgemäss zu schreiben doch oft ausführlich; zum princip hatte er sich gemacht, nie in einem briefe zu corrigiren und konnte wohl in seinem studirzimmer mit dem kopfzerbrechen auf- und ablaufen, wie er dieses princip einhalten sollte, wenn er sich zufällig an einen

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Max Schneidewin: Ernst von Leutsch: Ein Nekrolog. Göttingen: Dieterich'sche Verlagshandlung, 1888, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schneidewin_Leutsch_08.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)