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Schwer ist die Kunst, vergänglich ist ihr Preiß,

Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze,
Drum muß er geitzen mit der Gegenwart,
Den Augenblick, der sein ist, ganz erfüllen,
Muß seiner Mitwelt mächtig sich versichern,

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Und im Gefühl der würdigsten und besten

Ein lebend Denkmal sich erbaun – So nimmt er
Sich seines Nahmens Ewigkeit voraus,
Denn wer den Besten seiner Zeit genug
Gethan, der hat gelebt für alle Zeiten.

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     Die neue Aera, die der Kunst Thaliens

Auf dieser Bühne heut beginnt, macht auch
Den Dichter kühn, die alte Bahn verlassend,
Euch aus des Bürgerlebens engem Kreis,
Auf einen höhern Schauplatz zu versetzen,

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Nicht unwerth des erhabenen Moments

Der Zeit, in dem wir strebend uns bewegen.
Denn nur der große Gegenstand vermag
Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen,
Im engen Kreis verengert sich der Sinn,

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Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_243.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)