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Verwerfend hin auf alles, was nur scheint.
Erschreckt von deinem ernsten Worte
Entflieht der Liebesgötter Schaar,

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Der Musen Spiel verstummt, es ruhn der Horen Tänze,

Still traurend nehmen ihre Kränze
Die Schwester Göttinnen vom schön gelockten Haar,
Apoll zerbricht die goldne Leyer,
Und Hermes seinen Wunderstab,

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Des Traumes rosenfarbner Schleyer

Fällt von des Lebens bleichem Antlitz ab.
Die Welt scheint was sie ist, ein Grab.
Von seinen Augen nimmt die zauberische Binde
Cytherens Sohn, die Liebe sieht,

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Sie sieht in ihrem Götterkinde

Den Sterblichen, erschrickt und flieht,
Der Schönheit Jugendbild veraltet,
Auf deinen Lippen selbst erkaltet
Der Liebe Kuß und in der Freude Schwung

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Ergreift dich die Versteinerung.
SCHILLER.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_203.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)