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Die Gelegenheit.


Nach dem Ital. des Nic. Macchiavelli.


Wer bist du, deren Stirn des Himmels Siegel
      Mit mehr als Erdenreiz und Anmuth ziert?
      Du ruhest nie? Wozu am Fuß die Flügel?
„Gelegenheit werd’ ich genannt, verspürt

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      Von Wenigen; und dieses stete Wanken

      Kommt von dem Rade, das mein Fuß berührt.
Mein Flug ist schnell, wie Schweben der Gedanken,
      Und meiner Füße doppelt Flügelpaar
      Verwirrt den Blick durch nimmer ruhend Schwanken.

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Nur auf der Stirne wächst mein Lockenhaar,

      Und dient mir, Brust und Antlitz zu verdecken,
      Daß Keiner meines Kommens nehme wahr.
Kahl ist mein Hinterhaupt; daher mit Schrecken,
      Was mich entschlüpfen ließ, kein Mittel sieht,

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      Mich je zu unterwerfen seinen Zwecken.“
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_172.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)