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Armuth der Sprache.


Liebe, wer kann sie beschreiben, wer kann die Göttliche schildern?
Sprache hier bist du zu arm, Worte hier seyd ihr zu kalt.
Aber, wenn kühn ein hartes Geschick die Liebenden trennet,
Wenn sich ein furchtbares Meer zwischen die Liebenden stellt,

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Wenn sie des Neides Gewalt aus süßen Umarmungen reißet,

Wenn sie der feindliche Raum weiter und weiter entfernt,
Wie verstehn sie sich beid’ in öder, weiter Entfernung,
Wer lehrt beide getreu auch in der Ferne Verein?
Sprache, du bist’s allein, du arme, verachtete Sprache,

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Die den Liebenden Trost in der Entfernung gewährt.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_149.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)