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O! verletze mich nicht! du reißest mit diesem Geflechte,
     Das du gewaltig zerstöhrst, grausam das Leben mir aus.

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Hab ich nicht selbst sie genährt und sanft sie herauf mir erzogen?

     Ist wie mein eigenes Laub, mir nicht das ihre verwandt?
Soll ich nicht lieben die Pflanze, die, meiner einzig bedürftig,
     Still, mit begieriger Kraft, mir um die Seite sich schlingt?
Tausend Ranken wurzelten an, mit tausend und tausend

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     Fasern, senket sie, fest, mir in das Leben sich ein.

Nahrung nimmt sie von mir; was ich bedürfte genießt sie,
     Und so saugt sie das Mark, sauget die Seele mir aus.
Nur vergebens nähr ich mich noch, die gewaltige Wurzel
     Sendet lebendigen Saft, ach! nur zur Hälfte hinauf.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_147.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)