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Veilchen.

     Ich steh verborgen und gebückt,
Und mag nicht gerne sprechen,
Doch will ich weil sichs eben schickt

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Mein tiefes Schweigen brechen,

Wenn ich es bin, du guter Mann,
Wie schmerzt michs daß ich hinauf nicht kann,
Dir alle Gerüche senden.

Graf.

     Das gute Veilchen schätz ich sehr,

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Es ist so gar bescheiden,

Und duftet so schön, doch brauch ich mehr
In meinen herben Leiden,
Ich will es euch nur eingestehn
Auf diesen dürren Felsenhöhn

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Ists Liebchen nicht zu finden.


     Doch wandelt unten an dem Bach
Das treuste Weib der Erde,
Und seufzet leise manches Ach,
Bis ich erlöset werde.

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Wenn sie ein blaues Blümchen bricht

Und immer sagt: vergiß mein nicht!
So fühl ichs in der Ferne.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_072.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)