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Breite und Tiefe


     Es glänzen viele in der Welt,
Sie wissen von allem zu sagen,
Und wo was reizet, und wo was gefällt,
Man kann es bey ihnen erfragen,

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Man dächte, hört man sie reden laut,

Sie hätten wirklich erobert die Braut.
     Doch gehn sie aus der Welt ganz still,
Ihr Leben war verloren,
Wer etwas Trefliches leisten will,

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Hätt’ gerne was Großes gebohren,

Der sammle still, und unerschlafft
Im kleinsten Punkte die höchste Kraft.
     Der Stamm erhebt sich in die Luft
Mit üppig prangenden Zweigen,

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Die Blätter glänzen und hauchen Duft,

Doch können sie Früchte nicht zeugen,
Der Kern allein im schmalen Raum,
Verbirgt den Stolz des Waldes, den Baum.

SCHILLER.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1798. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1798_263.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)