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     Die Wirklichkeit mit ihren Schranken
Umlagert den gebundnen Geist,
Sie stürzt, die Schöpfung der Gedanken,

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Der Dichtung schöner Flor zerreißt.

Er ist dahin, der süße Glaube
An Wesen, die mein Traum gebahr,
Der feindlichen Vernunft zum Raube,
Was einst so schon, so göttlich war.

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     Wie einst mit flehendem Verlangen

Den Stein Pygmalion umschloß,
Bis in des Marmors kalte Wangen
Empfindung glühend sich ergoß,
So schlangen meiner Liebe Knoten

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Sich um die Säule der Natur,

Bis durch das starre Herz der Todten
Der Strahl des Lebens zuckend fuhr.

     Bis warm von sympathetschem Triebe,
Sie freundlich mit dem Freund empfand,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1796. Neustrelitz: Michaelis, 1796, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1796_136.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)