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Sie schleicht heran mit zarten Silberfüßen,
Um ihren Liebling, ihren Freund zu grüßen.

Dort steht sie; sieht bescheiden sich im Spiegel
     Der Wellen an, und weilt und schämet sich,

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Und blickt hinan zu jenem Schlummerhügel:

     »Endymion, ich lieb’, ich liebe dich!«
Und drückt auf ihn der Sehnsucht zartes Siegel:
     »Endymion, auch du, du liebest mich!« – –
So sang Parthenope; mit süßen Schmerzen

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Fuhr ihrer Stimme Pfeil zu meinem Herzen.


Ich sah, ich sah, bei ihren Freudenmahlen
     Die Götter in der Freuden Ueberfluß.
Da labet Zevs sich in den süßen Strahlen
     Des schönen Jünglings mit dem ewgen Kuß.

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Sein Auge küßt; es küßt zu tausendmalen,

     Und blickt in alle Himmel Wohlgenuß;
Läßt Göttlichkeit in jede Ader fließen,
Und reine Liebe sich durchs Weltall gießen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1796. Neustrelitz: Michaelis, 1796, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1796_128.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)