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Melvil, was der beklemmten Seele noch
Verwehrt, sich frei und freudig zu erheben.

Melvil.
Entdecke mirs. Erleichtre deine Brust,
Dem treuen Freund vertraue deine Sorgen.

Maria.
Ich stehe an dem Rand der Ewigkeit,
Bald soll ich treten vor den höchsten Richter,
Und noch hab’ ich den Heil’gen nicht versöhnt.
Versagt ist mir der Priester meiner Kirche.
Des Sakramentes heil’ge Himmelspeise
Verschmäh’ ich aus den Händen falscher Priester.
Im Glauben meiner Kirche will ich sterben,
Denn der allein ists, welcher selig macht.

Melvil.
Beruhige dein Herz. Dem Himmel gilt
Der feurig fromme Wunsch statt des Vollbringens.
Tyrannenmacht kann nur die Hände fesseln,
Des Herzens Andacht hebt sich frei zu Gott,
Das Wort ist todt, der Glaube macht lebendig.

Maria.
Ach Melvil! Nicht allein genug ist sich
Das Herz, ein irdisch Pfand bedarf der Glaube,
Das hohe Himmlische sich zuzueignen.
Drum ward der Gott zum Menschen, und verschloß

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_211.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)