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Wann soll ich frei auf diesem Throne stehn!
Die Meinung muß ich ehren, um das Lob
Der Menge buhlen, einem Pöbel muß ichs
Recht machen, dem der Gaukler nur gefällt.
O der ist noch nicht König, der der Welt
Gefallen muß! Nur der ist’s, der bei seinem Thun
Nach keines Menschen Beifall braucht zu fragen.

     Warum hab’ ich Gerechtigkeit geübt,
Willkühr gehaßt mein Leben lang, daß ich
Für diese erste unvermeidliche
Gewaltthat selbst die Hände mir gefesselt!
Das Muster, das ich selber gab, verdammt mich!
War ich tyrannisch, wie die spanische
Maria war, mein Vorfahr auf dem Thron, ich könnte
Jetzt ohne Tadel Königsblut versprützen!
Doch war’s denn meine eigne freie Wahl,
Gerecht zu seyn? Die allgewaltige
Nothwendigkeit, die auch das freie Wollen
Der König zwingt, gebot mir diese Tugend.

     Umgeben rings von Feinden hält mich nur
Die Volksgunst auf den angefochtnen Thron.
Mich zu vernichten streben alle Mächte
Des festen Landes. Unversöhnlich schleudert
Der röm’sche Papst den Bannfluch auf mein Haupt,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_187.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)