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Daß alles sich der neu aufgeh’nden Sonne
Zuwendete, und ich –

Maria.
 Regiert in Frieden!
Jedwedem Anspruch auf dieß Reich entsag’ ich.
Ach, meines Geistes Schwingen sind gelähmt,
Nicht Größe lockt mich mehr – Ihr habts erreicht,
Ich bin nur noch der Schatten der Maria.
Gebrochen ist in langer Kerkerschmach
Der edle Muth – Ihr habt das äußerste an mir
Gethan, habt mich zerstört in meiner Blüthe!
– Jetzt macht ein Ende, Schwester. Sprecht es aus,
Das Wort, um dessentwillen ihr gekommen,
Denn nimmer will ich glauben, daß ihr kamt,
Um euer Opfer grausam zu verhöhnen.
Sprecht dieses Wort aus. Sagt mir: „Ihr seid frey,
Maria! Meine Macht habt ihr gefühlt,
Jetzt lernet meinen Edelmuth verehren.“
Sagts, und ich will mein Leben, meine Freiheit
Als ein Geschenk aus eurer Hand empfangen.
– Ein Wort macht alles ungeschehn. Ich warte
Darauf. O laßt michs nicht zu lang erharren!
Weh euch, wenn ihr mit diesem Wort nicht endet!
Denn wenn ihr jetzt nicht segenbringend, herrlich,
Wie eine Gottheit von mir scheidet – Schwester!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_133.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)