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Ihr seid nicht schuldig, ich bin auch nicht schuldig,
Ein böser Geist stieg aus dem Abgrund auf,
Den Haß in unsern Herzen zu entzünden,
Der unsre zarte Jugend schon entzweyt.
Er wuchs mit uns, und böse Menschen fachten
Der unglückselgen Flamme Athem zu.
Wahnsinn’ge Eiferer bewaffneten
Mit Schwert und Dolch die unberufne Hand –
Das ist das Fluchgeschick der Könige,
Daß sie, entzweyt, die Welt in Haß zerreißen,
Und jeder Zwietracht Furien entfesseln.
– Jetzt ist kein fremder Mund mehr zwischen uns,

(nähert sich ihr zutraulich und mit schmeichelndem Ton)

Wir stehn einander selbst nun gegenüber.
Jetzt Schwester redet! Nennt mir meine Schuld,
Ich will euch völliges Genügen leisten.
Ach, daß ihr damals mir Gehör geschenkt,
Als ich so dringend euer Auge suchte!
Es wäre nie so weit gekommen, nicht
An diesem traur’gen Ort geschähe jetzt
Die unglückselig traurige Begegnung.

Elisabeth.
Mein guter Stern bewahrte mich davor,
Die Natter an den Busen mir zu legen.
– Nicht die Geschicke, euer schwarzes Herz
Klagt an, die wilde Ehrfurcht eures Hauses.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_130.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)