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Schloß und fanden, daß die Schließbaken durch die Zeit abgenutzt und die Bänder wandelbar waren. Sogleich ward alles reparirt und Ferdinand hatte seit langer Zeit keinen vergnügtern Augenblick, als da er das Geld in so guter Verwahrung sah.

Aber dieß war ihm nicht genug. Er nahm sich sogleich vor, die Summe, die er seinem Vater entwendet hatte, und die er noch wohl wußte, wieder zu sammlen und sie ihm auf eine oder die andere Weise zuzustellen. Er fing nun an aufs genauste zu leben und von seinem Taschengelde, was nur möglich war zu sparen. Freylich war das nur wenig, was er hier zurückhalten konnte, gegen das, was er sonst verschwendet hatte, indessen schien die Summe schon groß, da sie ein Anfang war, sein Unrecht wieder gut zu machen. Und gewiß ist ein ungeheurer Unterschied zwischen dem letzten Thaler, den man borgt, und zwischen dem ersten, den man abbezahlt.

Nicht lange war er auf diesem guten Wege, als der Vater sich entschloß, ihn in Handelsgeschäften zu verschicken. Er sollte sich mit einer entfernten Fabrikanstalt bekannt machen. Man hatte die Absicht in einer Gegend, wo die ersten Bedürfnisse und die Handarbeit sehr wohlfeil waren, selbst ein Contoir zu errichten, einen Compagnon dorthin zu setzen, den Vortheil, den man gegenwärtig andern gönnen mußte, selbst zu gewinnen, und durch Geld und Credit die Anstalt ins Große zu treiben. Ferdinand sollte die Sache in der Nähe untersuchen und davon einen umständlichen Bericht abstatten. Der Vater hatte ihm ein Reisegeld ausgesetzt und ihm vorgeschrieben

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten. In: Die Horen 1795, Band 1–4. Cotta, Tübingen 1795, Seite 7-65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Die_Horen_3-1795.pdf/73&oldid=- (Version vom 1.8.2018)