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FIESCO.
(Die Verschwörung des Fiesco.)


Ist es die Empörung gegen das Bestehende, der revolutionäre Geist, der alle drei Jugendarbeiten Schiller’s beseelt, so tritt er in den „Räubern“ unstreitig am unbändigsten auf, er richtet sich gegen die ganze Gesellschaft, im „Fiesco“ dagegen beschränkt er sich bereits auf die Auflehnung gegen den Staat, wie er in „Kabale und Liebe“ die Standesunterschiede angreift.

„Fiesco“ sollte ein „republikanisches Trauerspiel“ sein, also doch wol eine Apotheose dieser Regierungsform versuchen. Unter Schiller’s Händen wurde aber etwas anderes daraus, beinahe das Gegentheil, denn die meisten Figuren, die ihm wirklich lebendig geriethen: Gianettino Doria, der Mohr, Sacco, Calcagno, sind nichts weniger als geeignete Bürger einer Republik, ihr bevorzugter Vertreter Verrina aber, mit seinem kalten, inhaltsleeren, conventionellen Römerthum, ist auch nicht angethan, uns ihre Möglichkeit begreiflich zu machen; – kurz, des Dichters Genie hatte mehr den Instinct des Wahren, als seine damalige Weltanschauung Richtigkeit. Es ist viel Reminiscenz an „Coriolan“ und „Julius Cäsar“, an „Emilia Galotti“ u. a. in dem Stück; Julia, Verrina, der Mohr sind alte Bekannte.

Um so origineller ist Fiesco selber angelegt, wir werden aber auch in dem, was wir mislungen nennen müssen, die Klaue des Löwen überall erkennen. Wie prachtvoll sind die Volksscenen, wie spannend reich an Erfindung, an unerwarteten Zwischenfällen, an erschütternden und fortreissenden Scenen das ganze Stück überhaupt, wie glücklich, mit welchem genialen Instinct ist endlich die nationale Färbung in dem Helden zur Erscheinung gebracht!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/66&oldid=- (Version vom 1.8.2018)