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Durch seine Ehrlichkeit und den festen Glauben an sein Recht nimmt auch Demetrius unsere Theilnahme in Anspruch, die durch den Geist und die Feinheit, mit der er die Mittel zu finden weiss, durch welche er sich Anhänger schaffen kann, nur gesteigert werden. Wir finden ihn in dem Augenblick dargestellt, da er dem Reichstage seine Ansprüche an den Thron der Zaren auseinandersetzt und zu ihrer Bekräftigung jenes Kreuz, das ihm bei der Taufe umgehangen worden sei, aufzeigt.

Der Charakter des Demetrius zeigt uns überall das slawische Element in hohem Grade: die Wohlredenheit, schnelle Fassungskraft, angeborene Schlauheit und Gutmüthigkeit, aber auch das auffahrende Wesen, die Anfälle wilder Wuth, in deren einem er ja den Nebenbuhler, im andern den, welcher ihn dem echten Prinzen untergeschoben, erschlägt. Der Künstler hatte also auch dieses gewandte und kühne, pantherartig elastische, slawische Wesen möglichst zur Erscheinung zu bringen, sowie die Vorliebe für äussere ein wenig barbarische, wilde Pracht, die in allen Slawen heraustritt.

Verspricht das Fragment der Tragödie ein Meisterwerk, so kann es unsern Schmerz nur steigern, dass Schiller durch den Tod von seiner Arbeit abgerufen und so früh einer Laufbahn entrückt ward, in welcher die vollendete Meisterschaft der Technik, die er eben erlangt, unserer Nation noch eine reiche Zahl von classischen Stücken versprach!



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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/405&oldid=- (Version vom 1.8.2018)