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DON MANUEL.
(Die Braut von Messina.)


Führen wir zunächst einige Sätze aus Schiller’s merkwürdiger Einleitung zur „Braut von Messina“ dem Leser vor: es werden diese uns die Anschauung am besten zeigen, von der er bei seiner Production ausgeht, und die gewiss die echte, allen Kunstwerken zu Grunde liegende ist.

„Die wahre Kunst hat es nicht blos auf ein vorübergehendes Spiel abgesehen: es ist ihr Ernst damit, den Menschen nicht blos in einen augenblicklichen Traum von Freiheit zu versetzen, sondern ihn wirklich und in der That frei zu machen, und dieses dadurch, dass sie eine Kraft in ihm erweckt, übt und ausbildet, die sinnliche Welt, die sonst nur als ein roher Stoff auf uns lastet, als eine blinde Macht auf uns drückt, in eine objective Ferne zu rücken, in ein freies Werk unsers Geistes zu verwandeln und das Materielle durch Ideen zu beherrschen.

Und eben darum, weil die wahre Kunst etwas Reelles und Objectives will, so kann sie sich nicht blos mit dem Schein der Wahrheit begnügen: auf der Wahrheit selbst, auf dem festen und tiefen Grunde der Natur errichtet sie ihr ideales Gebäude.“

Während der Dichter hier also nur fordert, dass der Künstler die Natur durchaus idealisire, in eine freie That seines Geistes verwandle, mit andern Worten: von ihr alles das, was nicht zur Idee seines Kunstwerks gehört, weglasse, alles das aber, was ihr fehlt, dazuthue, – so ist also vorausgesagt, dass er, wie beim Ganzen, so auch bei jeder einzelnen Figur von einer bestimmten individuellen

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/314&oldid=- (Version vom 1.8.2018)