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erstern, wie Wallenstein, Tell, Octavio Piccolomini u. a. aufnehmen. Sein Talent der Schilderung realer Zustände ist um so bewunderungswürdiger, als es ihm fortwährend eine Fülle des lebendigsten Details liefert, während wir doch kaum eine Spur finden, dass er sich je gleich Goethe mit der Beobachtung des wirklichen Lebens viel befasst habe, je absichtlich darauf ausgegangen sei, – sondern im Gegentheil geneigt war es zu verachten, sich von ihm möglichst zu isoliren. Man kann daher nur annehmen, dass gleichwie ein echter Maler, ohne es zu wissen oder zu wollen, beständig auf Form und Farbe der Gegenstände um sich herum Acht gibt, Schiller auch ebenso fortwährend beobachtet und in seinem Gedächtniss aufbewahrt hat, ohne es eigentlich direct zu wollen.

Dieses unbewusste Beobachten und Aufspeichern von Schätzen, von Gehalt für die Phantasie, ist denn wieder die eigentliche Mutter der künstlerischen Intuition, die bei unserm Meister so mächtig erscheint.

Vor allen Dingen hat der Künstler daher in seinem Bilde den Poeten darzustellen gesucht, wie wir ihn in Schiller finden. Da der Hang zum Idealisiren ein so hervorstechender Zug der Schiller’schen Muse ist, da sie unstreitig etwas Abstractes, sich von der Erfahrungswelt Abwendendes hat, deshalb sieht denn auch der Dichter hier mehr in sich hinein, lauscht mehr seinen eigenen Inspirationen, als dass er die Dinge um sich fixirte und beobachtete. Er hat etwas von einem Seher, einem Propheten, er gibt sich blos mit dem Grossen und Erhabenen ab „und hinter ihm in wesenlosem Scheine liegt, was uns alle fesselt, das Gemeine“, wie Goethe so treffend und schön von dem hingeschiedenen Freunde sagte. Zu dieser Sehergabe gesellt sich aber auch die dämonisch ergreifende Macht dessen, der uns mehr packt und mit sich fortreisst, uns höher trägt auf den sturmgewohnten Fittichen seiner glühenden Begeisterung, als irgendein deutscher Poet es je vermocht. Sehen wir also das Siegel der Macht und Hoheit, des Ernstes und der Tiefe auf der breiten, festen Stirn, zeigt uns der Blick das träumerische Versunkensein, so kommen doch noch sehr wesentlich andere Züge in Betracht, um das Bild dessen zu

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)