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Für seinen König muss das Volk sich opfern,
Das ist das Schicksal und Gesetz der Welt.
Der Franke weiss es nicht und will’s nicht anders –

so gibt er sich doch selber auf, erwidert:

Ich kann nicht mehr –

und tröstet sich als Dilettant, der den Beruf und die Arbeit allemal im Stiche lässt, wenn die Schwierigkeiten kommen:

Ist denn die Krone ein so einzig Gut?
Ist es so bitter schwer, davon zu scheiden?

Ist er als König überall unzulänglich, so kann man ihm dagegen um so weniger viele Tugenden eines Privatmanns streitig machen: er ist gutmüthig, freigebig, geistreich ohne blendend oder tief zu sein, er hat viel feines Zartgefühl, was er gleich in der schwierigen Scene mit dem Herzog von Burgund und der zarten Schonung, mit der er alles entfernt, was den Wiedergewonnenen verletzen könnte, beweist. Er zeigt sich überall leicht versöhnlich, er hält die Rache nicht fest, – freilich weil er überhaupt gar nichts festhielt! Nur die Wohlredenheit bleibt ihm unter allen Umständen. Die Romantiker auf dem Throne wissen bekanntlich immer sehr geistreiche Betrachtungen anzustellen, besonders über alles was abgeschlossen ist, sie sind die wahren Leichenprediger; so zeigt sich denn auch König Karl dieses Amtes Meister, als er den todten Talbot trifft:

 Fried’ sei mit seinem Staube!
Ihm soll ein ehrenvolles Denkmal werden.
Mitten in Frankreich, wo er seinen Lauf
Als Held geendet, ruhe sein Gebein!
So weit, als er, drang noch kein feindlich Schwert,
Seine Grabschrift sei der Ort, wo man ihn findet.

Man konnte gewiss nichts Besseres über den Helden sagen, nachdem man ihn so schlecht bekämpft!

Weiss er aber den Todten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, so versteht er es um so schlechter bei den Lebendigen, wie wir in der Krönungsscene sehen, wo er der Jungfrau, die ihm Krone und

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/276&oldid=- (Version vom 1.8.2018)