Seite:Schiller-Galerie.pdf/252

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

thut. Wenn dergleichen mit der Ehre vereinbar ist, so sieht man nicht ein, was eigentlich nicht mit ihr zusammenzureimen wäre!

Selbst der sicherlich nicht blöde Leicester sagt ihm daher auch mit Recht in der Scene, in der uns ihn der Künstler dargestellt hat:

Ich seh’ Euch zweierlei Gesichter zeigen
An diesem Hofe – eins darunter ist
Nothwendig falsch.

Dass seine Liebe zu Maria ebenfalls ihre Quelle lediglich in der Sinnlichkeit habe, wird uns vom Dichter überall gezeigt, ob er Maria erzählt, welchen Eindruck ihm ihr Bild, oder ob er ihr gesteht, welchen sie selbst ihm mache:

 Raubt Euch
Des Kerkers Schmach von Euerm Schönheitsglanze?
Euch mangelt alles, was das Leben schmückt,
Und doch umfliesst Euch ewig Licht und Leben –

bis zu der letzten Begegnung, wo er ihr in massloser Leidenschaft ihre frühern Liebesabenteuer vorhält, um seine Ansprüche auf ihre Gunst zu rechtfertigen, und diese endlich geradezu als Preis verlangt:

Ich rette dich, ich will es, doch, so wahr
Gott lebt! ich schwör’s, ich will dich auch besitzen.

Elisabeth beurtheilt daher seine Motive ganz richtig, wenn sie ihm die ihrige in Aussicht stellt, um ihn zu gewinnen, so widrig auch sonst der lüsterne Zug an ihr ist, und nichts berechtigt ihn zu sagen:

Wie du die Welt, so täusch’ ich dich. Recht ist’s,
Dich zu verrathen, eine gute That!
Seh’ ich aus wie ein Mörder? –

um so mehr, als er gleich darauf zeigt, dass sie ihm – nur nicht schön genug ist, um den Preis wünschenswerth zu finden, während er ohne Bedenken für Maria alles, was ihm in den Weg kommt, sogar seinen Oheim, morden will, weil

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/252&oldid=- (Version vom 1.8.2018)