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Als Friedland’s starke Tochter bewährt sie sich aber, als es hereingebrochen; es malt uns die Wirkung der finstern Hoffnungslosigkeit auf ein muthiges Gemüth, wenn sie darauf besteht, die Erzählung des schwedischen Hauptmanns noch einmal zu hören. Nicht leeres Pathos, sondern der trockene Ton der Verzweiflung, die keine Thränen mehr findet, ist’s, wenn sie vorwurfsvoll zur Neubrunn sagt:

 Ward ihm sanft
Gebettet unter den Hufen seiner Rosse?

Endlich folgt sie nur der dämonischen Macht des Verhängnisses, das sie zieht nach des Geliebten Untergang nicht leben zu bleiben, wie sie das deutlich äussert, wenn sie, seiner treuen Reiter gedenkend, sagt:

Sie wollten auch im Tod nicht von ihm lassen,
Der ihres Lebens Führer war – das thaten
Die rohen Herzen, und ich sollte leben!

In diesen letzten Scenen hat sie der Künstler aufgefasst. In dem blonden Mädchengesicht mit hoher, intelligenter Stirn, grossen, schwärmerischen Augen, kleinem, aber entschlossenem Munde mit vollen Lippen, festem Kinn, sehen wir die echte Tochter ihres Vaters. Seine Kühnheit und Unbeugsamkeit sind geblieben, sein egoistisches Herz ist in die Schwärmerei, den Idealismus des Weibes übersetzt worden; der volle Stolz der zum Herrschen geborenen Natur, der natürliche Adel spricht aus den hohen, grossen, königlichen Formen wie des Kopfes so der Figur seiner Tochter. Es ist etwas Heldenhaft-Titanisches in diesem Blut: dieses Geschlecht kann zerschmettert, nicht aber gebeugt werden.



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/205&oldid=- (Version vom 1.8.2018)