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MAX PICCOLOMINI.
(Wallenstein.)


Es ist eine ebenso merkwürdige als tröstliche Erscheinung, dass gerade in Zeiten tiefster Fäulniss, Zwietracht, Intrigue, ja inmitten des unaufhörlichen Blutvergiessens, der Greuel aller Art, die langer Bürgerkriege unzertrennliche Begleiter sind, einzelne Naturen aufwachsen, die von der allgemeinen Verderbniss unberührt bleiben, sich eine schier unbegreifliche Reinheit und Jungfräulichkeit erhalten. Leider sind es gerade diese Naturen, die dann zum Opfer, zum anscheinend fruchtlosen Untergang bestimmt sind, die umsonst gegen den Strom allgemeiner Verwilderung ankämpfen, von demselben fortgerissen und in seinen Fluten begraben werden. Aber ihr Bild, ihr Andenken erhält sich fort und fort, wie die Tugend ewig besiegt, betrogen, verlacht und verhöhnt wird und doch aus den Flammen irdischer Qual nur gereinigter und strahlender emporsteigt, um neue edelmüthige Naturen zur Nachahmung fortzureissen. Solche Gestalten waren die christlichen Märtyrer, unzählige Helden des Glaubens, der Wissenschaft, der Kunst; solche Charaktere führt uns unser unsterblicher Dichter in Max, in Thekla vor. Sind sie im rasenden Treiben rücksichtslosester Leidenschaften im voraus dem Untergange verfallen, so richtet sich doch jedes edlere Gemüth an ihrem Bilde auf, und sie erfüllen so ihre Mission, für die sie der Dichter mit allem Reiz seiner Poesie geschmückt, wie man die Opfer bekränzt.

Die ersten und echtesten Eigenschaften des Mannes, deren Besitz allemal unsern Antheil sichert, deren Mangel niemals verziehen wird, sind Muth und Ehrgefühl. Daher führt uns auch Schiller den Jüngling, der im weitern Verlauf des Stücks unter den vielen Männergestalten desselben am meisten unsere menschliche Theilnahme in Anspruch nehmen soll, sofort als den jungen Heros ein, auf dessen dunkeln Locken schon der Lorber glänzt; „jetzt soll der Kriegsheld

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/194&oldid=- (Version vom 1.8.2018)